NarratiosTale

Kapitel 2

Kapitel 2

Askula

Auf dem Marktplatz, auf dem er noch vor Stunden ein paar kleine Besorgungen tätigte, war nun die Hölle ausgebrochen. Die einzelnen Stände, die sonst auch die Nacht über standen, waren zerstört und nicht wieder zu erkennen. Menschen liefen von Panik getrieben wild um her und versuchten einem Tod durch die Askula zu entgehen, die mit gieriger Jagdlust ihre Opfer verfolgten. Zwischen dem Gewühl tauchte der kleine Justin auf und rannte auf Shaldus zu. Ohne den Blick vom Jungen zu lassen hob nur er seine Hand und ließ einen kleinen Lichtblitz auf einen Angreifer zucken, welcher noch im Lauf tot zusammenbrach. Justin erreichte den Magus unverletzt und redete mit hektischer Stimme auf ihn ein.

„Shaldus! Meine Oma. Sie ist tot. Sie hat einer Echse ne Pfanne auf den Kopf gehauen, da hat er sie getötet.“ Shaldus drückte den verstörten Jungen an sich und versuchte sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen.

Julika trat die Tür, der kleinen Hütte mit so einer Gewalt auf das sie beinahe aus den Angeln brach. Gleich nach ihr stürmte Tenia hinein und verschwand in ihrem Zimmer. Gleichgültig des verzierten Holzes riss sie die Schubläden aus der Kommode, welche nun ihr persönliches Todeswerkzeug preisgaben. Kleine geschwungene Dolche, Phiolen mit Nervengiften, ein Beutel mit Utinumbällen und ein graues Tuch. Die Kleidung zu wechseln würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen, also musste das Tuch reichen. Sie band sich den Beutel an die Hose, steckte eine Phiole in eine Seitentasche und brachte ihre Dolche in den Scheiden unter, die sie sich umgebunden hatte. Der Stoff des Tuches glitt seidig durch ihre Finger, sie konnte die Farbe fühlen. Ein Grau, dessen leeres Glück nur gebeutelte Herzen, ein wohliges Gefühl der Sicherheit und Vertrautheit zu ordnen konnten. Es war ihr eigenes kleines Ritual wenn sie sich dieses Tuch umband und somit ihre Nase und ihren Mund verdeckte. Die Luft unter dem Stoff war anders, in wenigen Minuten würde sie nicht mehr denken, nur noch handeln. Gleichzeitig mit Julika sprang sie aus ihrem Zimmer und erkannte das ihre Freundin sich einzig ihre Dolche und einen kleinen Portstein umgebunden hatte. Julika macht eine verwunderte Geste wegen ihres Tuches, welche Tenia mit einem „Lass mich doch“ Schwenker wieder abtat.

„Los Schwester, die paar Viecher jagen wir zur Hölle“, rief Julika erregt und spurtete hinaus.

Tenia folgte und stockte wie Julika bereits nach wenigen Metern. Vor ihnen lag, die in die Nacht und Angst getauchte Stadt Parvare und gleich dahinter eine gewaltiges Heer von Fackeln, die nur einen Bruchteil der gewaltigeren Armee von Askula preisgaben. Einen Überblick den sich Tenia und Julika nicht wirklich gewünscht hatten.

„Das ist eine Invasion“, stellte Julika entsetzt fest. Tenias Augen weiteten sich.

„Aber wie? Warum hier?“

Julika zögerte, doch Tenia wusste was sie dachte.

„Lass uns irgendwas retten“, rief Tenia und rannte los.

„Fliehen können wir immer noch.“

„Retten wir den Schnaps“, rief Julika ihr hinterher und folgte.

„Und wo ist überhaupt diese verdammte schwule Elfe?“

 

Shaldus war Justin durch ein paar Gassen gefolgt. Wäre es nach ihm gegangen hätte er den Jungen augenblicklich mitgenommen und ihn aus dieser Hölle befreit. Doch er war ein Kind. Eine Reise wie sie vor ihm lag wäre er nicht gewachsen, es wäre zu gefährlich. Nein, ein Keller oder ein Versteck innerhalb der Stadt wäre sicherer. Die Askula töten nur was sie sehen und suchen nicht nach Opfern. Wenn der Angriff vorüber ist, würden sie wieder verschwinden und die die überleben würden, würden sicher sein. Der Junge kannte seine Straßen wirklich gut denn kein Askula kreuzte ihren Weg. Stetig wichen sie grade noch so in eine weitere Gasse aus, wenn eine Gruppe von Echsenmenschen ihnen entgegen kam, welche Blindlinks grade aus weiter liefen. Das die Stadt, wie Goreond, nun dem Untergang geweiht war konnte er nicht verhindern also würde den Jungen und ein paar andere in Sicherheit bringen, wie es sein Gewissen von ihm verlangte. Dann würde er weiter reisen. Justin lief schnell so das er kaum Möglichkeiten hatte mit zuhalten und in einem Moment rutsche der flinke Junge über den Boden und verschwand in einem Fenster auf Boden Höhe. Shaldus berührte die Wand und folgte dem Jungen in dem er durch die Wand ging als sei Luft und schwebte auf der anderen Seite gut zwei Meter zu Boden. Er war in einem Keller gelandet mit anderen Flüchtigen, die sich in einer Ecke zusammen gekauert hatten und ihn nun mit großen Erschrockenen Augen anstarrten.

Natürlich, er war ja grade durch eine Wand gegangen wo draußen die Stadt angegriffen wird. Doch las er in den Augen nicht das „Wer“ sondern ein „Wie“.

Er sah zu Justin und kniete sich zum ihm auf Augenhöhe und versuchte einen kurzen aufkeimenden Schmerz in seinen Knochen zu unterdrücken.

Hier bist du sicher, rühr dich hier nicht weg. Ich werde den Raum magisch versiegeln. In ein paar Stunden könnt ihr wieder heraus.

„Und was ist mit dir, Magus?“

„Ich kehre zu gegebener Stunde zurück.“ Mit diesen Worten erhob er sich wieder und schwebte wieder durch die Wand zurück in die Gasse. Durch eine kurze Berührung an den kalten Stein, flammte dieser kurz leicht gelblich auf. Die Wände die diesen Raum umgaben waren nun magisch geschützt. Gerne hätte er noch einmal die Kurven der hübschen Kellnerin gesehen. Doch grade als er seinen Portzauber wirken wollte, rannte ein kleiner Junge in die Gasse, verfolgt von zwei Echsenmenschen. Schreiend lief der Junge an ihm vorbei und Shaldus schaffte es grade noch einen weiten Feuerschwall aus seinen Händen zu sprühen, welcher die Angreifer augenblicklich pulverisierte. Dann schaute er sich zu dem Jungen um der in einer weiteren Straße verschwunden war. Ohne darüber nach zudenken lief er dem Jungen, so schnell es ihm seine alten Knochen erlaubten, hinter her. Nach ein paar Gassen und ein paar verkohlten Askulaleichen, hatte er den Jungen fast eingeholt.

„Junge, warte“, rief Shaldus keuchend. Doch der Junge schien in seiner Panik nichts zu hören und rannte um eine Ecke, wo er sich plötzlich einem Askulakrieger, gegenüber stand. Doch als Shaldus ebenfalls die Ecke erreichte, war die Axt bereits herabgefahren. Frisches Blut spritzte dem Magus entgegen, er war zu spät. Zufriedend zischend zog der Askula seine Waffe wieder aus der kleinen Kinderleiche und nahm den alten Mann ins Visier, der den Blick nicht von dem toten Jungen abwenden konnte. Der Krieger holte weit bis über seinen Kopf aus und wollte die Axt grade herab fahren lassen als ein Schatten ihn auf seine Schultern viel und etwas kurzes Glänzendes von beiden Seiten in seinen Hals fuhr. Sich windend und kreischend vor Schmerzen sackte der Askula in sich zusammen und entblößte den Schatten. Tenia. Klirrend steckte sie ihre Dolche in die Sayas zurück und packte Shaldus am Arm.

„Los Magus, zur Hütte“, zischte Tenia hektisch durch den grauen Stoff und riss den verdutzten Magus hinter sich her. Die Umgebung schien jeden Ton, jeden Klang verloren zu haben. So viele Kämpfe hatte er ausgefochten, so viele Tote hatte er gesehen, doch mit dem Anblick des toten Kindes war er um eine unerwünschte Erfahrung reicher. War das das Leben wie die Natur es vor sah. Wenn ein Habicht sich über das Nest eines einfache Waldvogels hermachte, die Küken fraß und die Natur ihren Tribut zollt und ihre eine Regel verteidigt, das nur der Stärkere überlebt. Er kannte den Jungen nicht, er hatte keine Bindung zu diesem Kind doch es schmerzte ihn in der Seele als ob er seinen eigenen Sohn, den er nie sein eigen nannte, verloren hätte.

Sie waren wieder auf dem Marktplatz. Das Holz der zerstörten Stände brannte und das ihm so vertraute Feuer vermischte sich bedrohlich mit den Anstürmenden Echsenmenschen. Tenia ließ von seinem Ärmel ab und sprang drei Askula entgegen. Sie sprang dem mittleren auf die Schultern und rammte ihm ihre Dolche in den Hals und noch während dieser fiel machte vollführte sie einen gekonnten Überkopfsprung in der Luft auf den linken Angreifer und hatte die Dolche grade in dessen Kopf versenkt als der dritte mit seiner Keule ausholte und seinen eigenen Artgenossen wegrammte, inklusive Tenia die nicht mit einem so waghalsigen Manöver rechnete. Shaldus sah wie seine Retterin hart auf dem Boden aufkam und ihre Dolche verlor, der Askula über ihr. Erst ein Funke der an ihm vorüber strich und dessen Flugbahn er mit sinnlicher Genugtuung verfolgte, riss ihn aus seiner apathischen Abwesenheit.

 

Tenia Schulter schmerzte und sie verfluchte sich für diesen Moment der Unachtsamkeit. Mit einer ruckartigen Bewegung rollte sie zur Seite und entwich nur knapp der herunter krachenden Keule. Wo waren ihre Dolche? Die Luft zwischen ihren Händen, die noch Sekunden vorher einen festen harten Griff umklammerten, ließen in ihr ein Gefühl der Hilflosigkeit aufkommen, welche sich grade in Panik umschlagen wollte als ein heißer Strahl knisternden Feuers über sie hinweg schoss und den Askula binnen Sekunden in ein Häufchen Ache verwandelte. Nur die Keule, die den Angriff halb überlebt hatte, viel rauchend zu Boden und blieb geschlagen und aufgebend neben Tenia liegen. Ihr Hand fühlte hektisch über den Boden und fang etwas Spitzes, vertrauliches. Spielerisch ließ sie das scharfe Metall in ihren Händen tanzen und packte dann nach dem Griff ihres Dolches. Als sie aufblickte sah sie Shaldus und ein schwaches Oranges Licht, das ihn umgab, ebbte grade ab und lies ihn wieder völlig normal wirken. Sie dachte sich schon das der Magus, wie jeder Magus aus Atarnar, etwas gefährliches an sich hatte, doch nun… Kam dieser Feuer von ihm? Warum glühte er noch vor einem Augenblick? Julika sprang in ihr Blickfeld und erinnerte sie daran das es keine zeit zum Träumen gab. Sie hatte ein paar Menschen im Schlepptau und führte sie grade Wegs zur Hütte hinauf.

Aus den Augenwinkel sah Julika zwei Askula hinter einem brennen Feuerhaufen, wo einst mal eine Brotstand mit einem Minderbemittelten Verkäufer stand. Mit einem weiten Hechtsprung ließ sie das Feuer hinter sich und landete direkt vor dem ersten Echsenmenschen, dem sie die Axt aus der dicken Hand trat, die direkt in seinem Nachbarn landete, welcher schreiend zu Boden ging. Der Entwaffnete Askula war sichtlich beeindruckt und brüllte kreischend auf als ihm Julika da hin trat wo gewöhnliche Männer ihr Gemächt hatten. Der Askula hatte dort scheinbar nichts, aber das Messer an ihrer Fußspitze tat ihren Teil und schlitzte den Feind auf. Aus dem Hintergrund kam eine weiterer Askula angelaufen doch Julika reagierte schnell. Mit einem Satz nahm sie den vor sich knienden Askula als Sprungbrett und landete, nach einem weiten Satz, mit ihren Knien auf den Schultern des Angreifers, dessen Angriff mit einer Ruckartigen Bewegung ihrer Oberschenkel und einem Knacken, jäh unterbrochen wurde. Elegant landete Julika wieder auf ihren Füßen und war nur Sekunden später wieder bei denen die sie in Sicherheit bringen wollte.

„Los, hoch! Auf, auf, auf!“, schrie Julika und klatschte demonstrierend in die Hände. Die Flüchtigen verloren keine Sekunde, doch was hatten Tenia und der Magus zu bequatschen?

Tenia schaute Shaldus mit abschätzendem Blick an und wusste nicht mehr was sie von ihm halten sollte. Vor einigen Stunden stand er noch als eine Art Heiler vor ihrer Tür und jetzt entpuppte sich grade dieser Heiler als mächtiger Feuermagier der im Prinzip diese Stadt im Alleingang retten könnte. Shaldus durchschaute Tenias Blick sofort und er gefiel ihm nicht. So oft hatten ihn Menschen schon so angeschaut und so oft hatten sie ihn verurteilt. Aber ihr Blick hatte auch etwas Neugieriges, Fragendes. Dahinter steckte mehr als nur ein Urteil. Shaldus nickte Richtung Flüchtlinge und Tenia antwortete mit demselben nicken.

Wieder traktierte Julika die Tür, der Hütte, mit einem so kräftigen tritt, dass dessen Angeln nun endgültig den Geist aufgaben, so das das  Holz mit einem lauten krachen mitten im Raum landete. Mit ein paar Schritten war Julika an einem kleinen Metallgriff am Holzboden und zog eine breite Luke auf, die eine Treppe zu einem Gang im Boden verborgen hatte.

„Rein da“, brüllte Julika und deutete auf die flüchtigen die sich nicht lange bitten ließen.

Shaldus hatte mit Tenia fast die Hütte erreicht als er ein leichtes Stechen in der Brust verspürte. Die Magie die ihn durchströmte wurde schnell Herr über den Schmerz, doch woher kam er?

Von dem kleinen Hügel aus hatte man einen weiten Blick über die Stadt, die brennend im Geiste ihres Seins lag. Aber Shaldus suchte nach etwas anderem und fand es. Eine Echse mit einer Kette von Totenköpfen um den Hals und einem langen Stab in der Hand, glotzte zu ihm hinauf.

„Schamamen?“, dachte Shaldus und konnte sich keinen Reim darauf bilden wie eine so primitive Kriegerrasse einen so gefährlichen und einflussreichen Status wie den eines Schamanen erringen konnte.

„Kommt“, brüllte Julika zur Tür hinaus und winkte hektisch zu sich herüber. Tenia sah wie Shaldus seinen Blick über die Stadt schweifen ließ und deutete seinen Blick als Unsicherheit. Ein Augenblick der Unaufmerksamkeit den ein Askula ausnutze und seine Axt auf Tenia schleuderte.

Im letzen Augenblick trat Julika anfliegende die Axt aus der Luft in eine andere Richtung wo sie hart in der der Hauswand der Hütte einschlug.

„Man wach auf“, schrie Julika Tenia an, die wie Shaldus ihren Blick auf die Stadt gerichtet hatte wo die Echsenmenschen nun schwere Artillerie auffuhren. Dicke primitive Kanonen die gewöhnlich Müll und Schrappnellgeschoße beinhalteten. Diese Kanonen schienen aber die gleichen zu sein wie vor Goreond. Shaldus war nun endlich über die Tür schwelle getreten worauf Julika Tenia mit in die Hütte drückte. Im Gang durch den Berg wären sie sicher. Sie hätten alle Zeit zu fliehen. Julika schaute noch einmal auf die Stadt hinab. Diese so wunderschöne Stadt, zerstört, brennend. Julika atmete tief durch und wandte sich dem Blick ab als ein tiefer Schmerz ihren Körper durchfuhr und sie auf die Knie zwang. Mit einem lautlosen Schrei packte sie sich an die Brust, ihr Herz schien zu zerplatzen. Hilfesuchend wandte sie ihren Blick hinter sich zu Tenia, die ihren Blick schockiert erwiderte.

„Was?“, würgte Tenia hinaus als ein lautes pfeifen die Luft erfüllte. Tenia wollte zu ihrer Freundin, ihr helfen, als Shaldus seinen Umhang um sie schwang und es augenblicklich Schwarz wurde.

Ein lautes Krachen erfüllte ihre Ohren und ebbte gleich wieder ab…

 

…und wurde durch ein seichtes Vogelgezwitscher ersetzt.

Der Geruch von Blut und Angstschweiß war einem seichten Duft von Moos und saftigem Gras gewichen.

Das Schwarz vor ihren Augen Verschwand Augenblicklich als Shaldus seinen Umhang von ihr riss und entblößte eine kleine Waldlichtung. Tenia kroch verwirrt über den Boden, ihre Augen suchten Julika, nach ihrer Freundin, doch fanden sie nicht. Nur, im Mond, glänzendes Gras und ein weiter Blick, mit dunklem Horizont. Ihr Mund bebte, ihre Augen zuckten. Was war geschehen? Eine laute Explosion richtete ihre Aufmerksamkeit auf sich. Auf einem kleinen Hügel, einige Weilen entfernt brannte ein Holzhaufen. Ihre Hütte! Auf diesem Berg stand ihre Hütte und sie brannte. Sie war soweit entfernt und doch schien es ihr so nah. Sie spürte das Julika nicht in der Nähe war, doch sie wollte den Gedanken nicht zulassen der sich ihr vor die Augen schob. Warum war sie so schnell an einem anderen Ort? Sie kniete, riss sich das Tuch vom Gesicht und sah voller Entsetzen das Spiel des Feuers auf dem Holz ihres Heimes. Eine weitere, dritte, Salve traf den Feuerhaufen, der nun in einer gewaltigen Explosion sein Ende fang. Schreiend grub Tenia ihre Finger in den Boden vor sich.

„Nein, nein!“ Sie schrie und ihre Panik wandelte sich in eine Hysterie wie sie nie in ihr aufgekommen war. Das konnte nicht sein. Warum musste sie das sehen? Warum war sie nicht dort? Warum sie so weit weg, so hilflos?

Und sie schrie!

Dicke Rauchschwaden suchten sich ihren Weg zum Himmel und erzählten von der Zerstörung von der sie ausgingen.

Und Tenia schrie! Sie schrie ihre Hilflosigkeit hinaus und lange tränen flossen und benetzten den Boden.

Ihr Gedanken überschlug sich, ihre Finger gruben sich immer und immer wieder in den Boden, bis ihre Fingerkuppen bluteten.

Warum war sie nicht bei ihrer Freundin?

Wut, Hass, Verzweiflung machte sich breit und erfüllte ihr Herz. All ihre Erinnerung. Mit einem male weggewischt, wie Dreck vom Küchentisch. Wo war Julika? Sie konnte nicht! Tenia wollte den Gedanken nicht zu lassen.

Und sie schrie. Und ihr schreien, nun stellvertretend für alle ihren Hass und ihre Trauer verkümmerte in einem wimmern. Sie kniete und kauerte sich mit den Händen vor ihren Augen zusammen.

Sie wollte es nicht sehen, sie wollte nichts mehr sehen. Wie ein Häufchen Elend kniete sie nun da und vergrub ihre Gesicht hinter ihren Händen. Und dann erwachte wieder die eine Erinnerung, die sie tief in sich vergruben hatte.

Wieder hatte sie alles verloren. Wieder war sie ganz allein.

 

Das Angebot

Betrübt beobachtete Shaldus das Spiel des Elementes, welches seinen Geist erfüllte. Im letzten Moment hatte er sich, geistesgegenwärtig, an einen anderen Ort geportet und die junge Kellnerin die in seiner Nähe stand, mit genommen. Er hatte seinen Umhang um sie geworfen und sie und sich an das Waldstück gebracht von dem er eh aufbrechen wollte. Nun schaute er auf die Kellnerin wie sie sich heulend am Boden wand und auf die Überbleibsel ihrer Vergangenheit schaute. Zwar Verdeckte der Wald vor ihnen die Stadt, doch über dem Baumwipfeln waren die vereinzelten Dächer zu erkennen und grade zum Anschauen auffordernd, die kleine Anhöhe mit samt einem brennenden Haufen, der einst eine kleine Hütte war. Früher oder später wäre diese Stadt eh untergegangen.

Die Askula bildeten einen Kreis um Atarnar und vernichteten alles was sich darum herum befand.

Und er schämte sich ins geheim für die Einstellung Atarnars, erst an sich selbst zu denken und den Rest der Welt ihrem Schicksal zu überlassen. Er war verdammt nochmal Heiler und er hatte einen Eid darauf geschworen das Leben in seiner reinen Form zu schützen. Er schaute auf die Kellnerin die ihm das Leben gerettet hatte und mit diesem Port hatte er das Ihre gerettet. Auf seiner Reise konnte er keine Gesellschaft gebrauchen und diese Frau würde mit ihrer überheblichen Art nur sein Vorankommen behindern.

„Ihr habt meine Leben gerettet und ich rettete das Eure. Meine Schuld ist beglichen“, sagte Shaldus in einem sanften aber bestimmten Ton und wandte sich von Tenia ab, die nun erst mitbekam das Shaldus hinter ihr gestanden hatte. Wütend sprang sie auf und auf Shaldus zu. Mit einer schnellen Bewegung hatte sie ihn an einer Schulter gepackt, zu sich herum gerissen und am Kragen seines Gewandes gepackt. Bringt mich zurück, schrie Tenia den Magus an.

„Sofort!“ Shaldus starrte Tenia verwundert an.

„Ich habe ich euch nicht darum gebeten mich zu retten! Bringt mich zurück“, schrie Tenia und ihre Stimme bekam erneut einen Anflug von Hysterie. Tenia hatte ihren Satz grade zu Ende gebrüllt als eine unsichtbare Kraft sie durch die Luft schleuderte und sie schmerzhaft gegen einen Baum krachend lies, an dem sie auf magische Weise hängen blieb.

„Was erlaubt ihr euch, Weib?“, gifte Shaldus die verwirrte Tenia an und drückte sie mit seiner Magie noch etwas fester gegen den Baum und hinderte sie so an jeder Bewegung, am sprechen, am atmen. Einzig entsetzte und fragende Augen starrten auf ihn herab.

„Ich bin keiner eurer Spielgefährten, mit denen ihr nach Belieben umspringen könnt,“ brüllte Shaldus die junge Frau an und ein Sein Zorn verlieh ihm wieder das Orange leuchten das Tenia schon vorher bei ihm beobachtet hatte. Sie wußte nicht mehr was sie von diesem alten Mann halten sollte. Wer war er und was wollte er?

„Wer?“, keuchte Tenia. „Seid ihr?“ Shaldus knief die Augen bis zu einem Spalt zusammen. Dann ließ er Tenia, weiterhin an den Baum gedrückt, herunter rutschen, bis sie kniete und zum Magus hinauf schauen musste.

„Shaldus Incenitas der Feuerheiler und Wanderer der Weilen. Magus und Mentor von Atarnar.

Gekämpft habe ich im großen Dämonenkrieg, gegen die Trolle und in mehreren Kleineren. Tausende von Männern verschiedenster Völker habe ich in die Schlacht geführt zu Fuss, auf Reittieren und Maschinen. Unzählige Menschen und andere Lebewesen habe ich gerettet oder getötet. Ich habe Kreaturen gesehen die noch keiner vor mir je gesehen hat. Und noch vor wenigen Minuten habe ich ein Kind sterben sehen. Ein Kind das sein ganzes Leben noch vor sich hatte.“ Seine Stimme bebte.

Geschwächt von seinen eigenen Worten löste Shaldus seinen Griff und ließ Tenia zu Boden sinken, wo sie sich kniend an die Kehle fasste und tief und laut Luft holte und sich an dem plötzlichen Sauerstoff im Hals verschluckte. Hustend und röchelnd suchte sie halt an dem Baum an dem sie grade noch hang und schaute zu Shaldus auf, schloss die Augen und lehnte sich an den breiten Stamm.

„Nun wisst ihr wer ich bin Tenia Kellnerin,“ sagte Shaldus bestimmend und zog seine Pfeife aus seinem Gewand. Auf einem größeren Stein fand er einen Komfortabeln Sitzplatz, wo er sein Rauchwerkzeug anzündete. Tenia presste die Augen zusammen und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Sie wusste nicht was sie sagen sollte, aber sie wollte etwas sagen. Sie musste antworten. Irgendwas.

„Dieb!“, brachte sie dann schwer atmend heraus. Shaldus schaute fragend zu ihr herüber woraufhin sie tief durchatmete

„Ich bin die Tochter eines Diebes“, sagte sie dann mit heiserer Stimme und schaute mit feuchten Augen in das Geäst über sich. Unbekümmert von all dem Trouble neigten sich die Äste im sanften Wind und erlaubten Blättern einen sinnlichen Tanz der Harmonie.

Mehrere Minuten schwiegen beide und ließen die Situation auf sich wirken. Die Nacht war nun mit ihrer schwermütigen Stille hereingebrochen, einzig der Mond tauchte die Landschaft in ein gemächliches schwaches Blaugrau.

„Was“, fragte Tenia und brach damit die Stille. „Was war mit Julika? Was war mit ihr geschehen?“

„Ein Schamane“, antwortete Shaldus und ignorierte Tenias fragenden Blick. „Er griff das Herz eurer Freundin an und hatte sie damit geschwächt. Kaum ein Lebewesen kommt gegen eine derartige Magie an, es sei den man ist selbst der Magie bewandert und kennt den entsprechenden Schutz.“

„Also starb sie kniend vor ihrem Feind“, stellte Tenia betrübt fest.

„Sagt das nicht“, unterbrach sie Shaldus. „Sie kämpfte, um uns und noch einen Haufen anderer zu retten. Aufrechter kann man diese Welt nicht verlassen.

„Meint ihr? Hm. Dann ist gut“, entschied Tenia und ein leichtes Schmunzeln huschte über ihre Lippen. „Sie ist ein Nordmädchen und nach ihrem Glauben erreicht man die Pforten ihres Gottes nur wenn man brutal auf dem Schlachtfeld stirbt. Im Schlaf an Altersschwäche würde die Unterwelt bedeuten. Dennoch vermisse ich sie.“

Ihre Augen füllten sich wieder mit Tränen, welche sie gleich wieder weg wischte.

„Sobald der Angriff vor rüber ist, werden sie weiter ziehen. Dann werden die Überlebenden die Stadt wieder aufbauen.“ Shaldus löschte seine Pfeife wieder und steckte sie in sein Gewand zurück. Wenn ihr wollt wartet hier ein bis zwei Nächte und kehrt dann dorthin zurück“.

Tenia blickte zu Boden. „Warum geschieht das nur und warum…Warum wurden wir nicht gewarnt. Wo sind die Paladine. Es sind doch genug Kasernen in der Nähe.“

„Warum die Säuberung geschieht, könnt ihr in vielen Büchern nachschlagen. Die Antwort kennen aber nur die Magier von Mun´Itan. Und die Paladine, rüsten zum Krieg gegen den Torwächter. Unsere Belange ist für sie nicht relevant. Auf meinem Weg werde ich an zwei Kasernen vorbei kommen und hoffen ein paar der Soldaten abgreifen zu können. Wie ihr seht habe ich genug…“

Doch dann durchfuhr ihn ein Geistesblitz. Er hatte eine mögliche Lösung für ein anderes Problem das ihn so lange beschäftigte. „Wie gesagt, bleibt hier, oder“, sagte Shaldus mit etwas lauterer Stimme und richtete sich auf. „Oder ihr kommt mit mir! Auf lang oder kurz kehren wir zurück und ihr könnt mit den Geistern eurer Vergangenheit abschließen. Haltet nun etwas Abstand von allem und lasst die Zeit eure Wunden heilen. Was sagt ihr?“

Tenia fühlte sich müde, zu sehr hatten sie die letzten Stunden ausgelaugt. Kämpfe sind immer Verlustreich, doch die Verluste unter Freunden und Menschen die man liebt sind weit aus unerträglicher. Sie war müde und der Baum an dem sie lehnte schien nun weicher und angenehmer.

Nach einem tiefen Seufzer schaute sie wieder zu Shaldus und war kurz versucht dessen Angebot anzunehmen.

„Wo wollt ihr den hin?“, fragte sie leise.

„Nach Dur Kahrzad“, meine Liebe. Shaldus grinste. „Zu den Zwergen.“

Tenia lächelte ebenfalls, doch ihre Mimik verriet ihre zynischen Gedanken.

„Was wollt ihr den bei denen?“

„Eine Armee aufstellen, gegen die Echsen. Allein werden wir sie nicht besiegen können.“

„Ha“, lachte Tenia spöttisch. „Zwerge können nur graben und saufen. Die taugen nicht für den Kampf.“

„Das zeigt mir eure Unwissenheit“, sagte Shaldus gespielt entrüstet und stützte sich auf seinen Stab. „Nun, ich gebe euch die Möglichkeit euren Horizont zu erweitern und bin gerne gewillt euch vom Gegenteil zu überzeugen. Der Met ist vorzüglich ihr werdet sie als Gastgeber zu schätzen wissen.“

Dann wandte sich Shaldus von Tenia ab und schaute auf den Weg der nun vor ihm lag, eine breite Handelsstraße aus Erde und Stein. –

„Oder ihr bleibt hier sitzen und geht nach Parvare zurück. Tenia Diebestochter. Eure Entscheidung!“

Dann ging er los und beachtete Tenia nicht weiter. Er hatte seine Schuld beglichen, einer Fremden ein Angebot gemacht das er nie jemanden hätte gegeben. Ihn zu begleiten. Menschen kommen und gehen und diese Frau wird da keine Ausnahme bilden. Es sein denn…

Tenia sah dem Magus nach wie er seinem Weg folgte und mit fortschreitenden Augenblicken sich immer weiter entfernte. Sie musste zurück und ihre Freundin beerdigen. Die Stadt, die ihre Zukunft war, wieder aufbauen, die Hütte neu aufbauen und aus dem Fenster schauen und wieder die Gewissheit haben das sie dieses Leben niemals eintauschen wollte. Sie war nicht mehr Rastlos. Parvare war ihr Zuhause, hier gehörte sie hin. Es gab viel zu tun. Tenia fasste an den Baum hinter sich und drückte sich von ihm ab, bis sie aufrecht stand. Sie schaute auf den kleinen Hügel, die kleine Anhöhe wo einst ihr Heim stand, ihre Lippen bebten.

Dann wandte sie sich ab und folgte dem altem Mann. Er grinste heimlich.

 

Träume

 

Gelegentlich hatte Tenia mit dem Gedanken gespielt einfach umzudrehen und zu ihrem Heim und Julika zurück zu laufen und ihrem inneren Bitten und Flehen nachzugeben. Der langweilige einfache Weg aus fester Erde, welcher unter ihren Füssen knirschte, und die Nacht, die dem dichten Wald um sie herum eine bedrohliche Note verlieh, schienen ihr mit ihrer Ruhe ein schlechtes Gewissen einreden zu wollen. Mit gesenktem Blick schaute sie Oberflächlich und Gedankenverloren auf den Weg vor sich und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Sie hatte Julika im Stich gelassen, ihre Freundin verraten. Den Menschen der ihr eine Heimat und ein Leben gab. Warum war sie mit gegangen? Sie hätte mit ihrer Freundin sterben sollen. So oft war sie dem Tode nahe, so oft hätte sie ihr Leben verhauchen müssen und nun watschelte sie einem alten Magier hinterher. Ein Fremder der ihr nur Anbot mitzukommen. Wohin auch immer. Julika hatte ihr ein Leben mit einem Job geboten. Ein ruhiges, langweiliges Leben. Und mit einem Mal machte sich ein neuer Gedanke in ihrem Kopf breit. „Man, war das ein langweiliges Leben“.

Leises rascheln von Gras verriet ihr das Shaldus vor ihr vom Weg abgewichen war und sich auf einem Holzstumpf niedergelassen hatte. Trotz des langen Fußmarsches schien er keineswegs Müde oder erschöpft. Wie selbstverständlich zog er seine Pfeife aus dem Mantel und entzündete sie mit einer kleinen Handbewegung. Das kurze Aufflammen von etwas Glut entblößte kurz ein altes, in Falten gelegtes Gesicht, welches Sorge und Nachdenklichkeit ausstrahlte. Nach einem tiefen Zug, blickte er zu Tenia auf die immer noch auf dem Weg stand und ihn unsicher anschaute.

„Wir rasten. Setz dich!“

Seit sie sich dazu entschieden hatte Shaldus nach zu gehen hatten sie kein Wort mit einander gesprochen. Wieder rang sie mit dem Gedanken, einfach zurück zu laufen und wieder setzte sich etwas in ihr durch was sie nicht zu deuten vermochte. Und noch während sie sich gegenüber vom Magus, im weichen Gras, nieder ließ, schwebte etwas Holz aus dem Wald an, häufte sich zwischen ihnen auf und entzündete sich von selbst. Die Nacht war dank eines vollen Mondes ungewöhnlich Hell und durch die, zur Zeit, vorherrschende „Sonnenzeit“ angenehm warm. Shaldus nahm einen weiten Zug aus seiner Pfeife und blies den Rauch genussvoll in die Nacht.

„Ihr fragt euch, warum ihr mir gefolgt seit. Nicht wahr?“

Tenia mied seinen Blick. Was hätte sie auch sagen sollen. Aber ihr Magen wusste es. Mit einem dumpfen fordernden grummeln antwortete dieser auf die Frage des Magiers und trieb Tenia die Schamesröte ins Gesicht. Shaldus grinste und zauberte mit einer kleinen Handbewegung, etwas Brot herbei, welches dann unsanft in Tenia´s Schoß klatschte. Ohne sich lange bitten zu lassen griff sie den Leib und biss Herzhaft hinein, nur um einen Augenblick später angewidert das Gesicht zu verziehen.

„Daff fmeckt feuflich“, spottete sie mit vollem Mund.

„Soll ich es wieder verschwinden lassen“, antwortete Shaldus leicht beleidigt.

„Nein“, rief Tenia entsetzt und drückte das Brot, wie einen unbezahlbaren Schatz, an sich.

„Tut mir Leid. Ich bin Elementar Magus, kein Priester. Nahrungsmittel gehören nicht in meinen Bereich!“

„Ah, waff. If Lecka“, stammelte Tenia und spuckte dabei etwas halbzerkautes Brot ins Feuer, bevor sie wieder übergierig in den Leib biss, wodurch ihr ein Bissen im Hals stecken blieb und erst nach panischen Klopfen auf die Brust, weiter rutschte. Wieder zauberte Shaldus und ließ einen Wasserschlauch in ihren Schoß fallen, welchen sie gleich ansetzte und den Rachen mit ebenfalls scheußlich schmeckenden Wasser durchspülte.

„Erzählt mir von euch, Tenia Diebestochter!“

Einen weiteren Bissen runterschluckend, musterte sie den Magier durch das Feuer.

„Ihr wisst doch schon ne Menge?“, sagte sie grinsend.

„Für wahr?“, antwortete Shaldus mit dem gleichen grinsen, obgleich er wußte das nicht alles an seinem Gegenüber so war wie es geschildert hatte.

Zufrieden schob sie sich das letzte Stück in die Backen und spülte es mit einem Schluck durch den Schlauch hinunter. Dann überlegte sie kurz wie sie anbrechende Konversation, intelligent beginnen konnte.

„Also wie ihr wisst ist meine Name ist Tenia Bree!“

„Bree? So wieder der Käse?“

„Was? Nein! Bree, nicht Brie!“, gab Tenia entrüstet zu Wort. Sie hasste diesen Vergleich?

„Oh. Hoho, entschuldigt. Ihr müsst gestehen es klingt sehr gleich!“

„Jaa, ähh. Nein. Nicht wirklich.“ Sie konnte es sich nicht verkneifen ihm einen giftigen Blick zu zuwerfen und einen weiteren Schluck aus dem Schlauch zu nehmen, bevor sie erneut ansetzte und einsehen musste das sie nicht mehr wusste wie sie beginnen sollte. Für einen Augenblick schienen sie alle unterdrückten Gedanken, was ihre Vergangenheit betraf, einzuholen. Mit den Tränen kämpfend, nahm sie einen weiteren Schluck Wasser und versuchte den Klos im Hals hinunter zu spülen.

Sie musste tief durchatmen, denn wieder wollten ihr Gedanken sie in eine Richtung lenken die sie zu vergessen versuchte. Wahrscheinlich hätte sie ihm gerne geantwortet, nur hatte der Tag nun endlich seinen Tribut gefordert und so antwortete sie nur mit einem leisen gähnen.

„Wenn es euch lieber ist solltet ihr ruhen.“

„Ja“, flüsterte Tenia und ließ sich ins Grün sinken. Das Gras war weich und paarte sich mit den beruhigenden knistern des Feuers. Vielleicht wäre es unhöflich gewesen jetzt einfach einzuschlafen und so das Gespräch einfach zu beenden. Andererseits… noch bevor sie sich noch einmal aufrichten konnte, hüllte sie das wohlige Gefühl des Schlafes ein.

 

„So ist es recht“, sagte Shaldus ruhig. „Schlafe, Mädchen. Und versuche nicht zu träumen.“

Ein weiterer tiefer Zug, veranlasste das Kraut seinen Verstand für einen Sekundenbruchteil zu vernebeln und ihm einen kurzen Sorgenfreien Moment bescherte.

Er hatte es wesentlich besser unter Kontrolle seine Gefühle zu verbergen als die junge Frau vor ihm.

Und man sollte meinen das man in seinem Alter alles gesehen hatte, dennoch ließ ihn der Anblick des sterbenden Jungen nicht mehr los, wodurch ihm einfiel was er vergessen hatte einzustecken.

„Schnaps“. Eine kurze Handbewegung zauberte einen kleinen Krug vor seine Füße, welchen er gleich an setzte, nur um den Inhalt angewidert weg zu spucken und den Krug, wütend in den Wald zu werfen.

„Verdammtes Wasser!“

Genervt musterte er seine zittrige Hand und versuchte den Anblick des Jungen zu verdrängen.

Er musste träumen, schnell. Er löschte die Pfeife, ließ eine kleine Schutzkuppel über ihn und Tenia entstehen, schloss die Augen und tippte sich an die Stirn.

 

Sofort drang helles Sonnenlicht durch seine geschlossenen Augenlieder, in Begleitung von einer angenehmen Wärme und dem Geruch von Sand und Wasser.

Seinem Augenaufschlag, folgte ein erleichterndes Seufzen, wonach er es sich auf seiner einfachen Liege bequem machen konnte, während ihm zwei halbnackte Elfenfrauen das graue Haupthaar und die Füße massierten. Die Untergehende Sonne stand genau da wo er sie hinterlassen hatte, mit dem Unterschied das er nun wieder alleine mit seinen Begleiterinnen war. Kein Eishaupt weit und breit.

„Mund auf“, hauchte die blonde Elfe zu seiner linken verführerisch und schob einen Strohhalm, welcher in einer halben Kokosnussschale, gefüllt mit Schnaps, lag, Mundgerecht ins Shaldus´s Richtung. Zufrieden lehnte er sich zurück, ließ sich den Halm in den Mund schieben und schlürfte, endlich, seinen wohlverdienten Lohn, während ihm eine dunkelhaarige Elfe die Füße massierte. Genügsam konnte er nun die Augen schließen und verschwendete keinen Gedanken daran, wo sein Körper in Wirklichkeit lag oder welche Aufgaben noch auf ihn zu kommen würden.

„Pssst“, zischte ihm jemand entgegen.

Shaldus grinste. Gleich würden die beiden Frauen wieder mit ihren Liebesspielen beginnen.

„Pssst“, zischte es wieder durch eine Zunge.

Vorsichtig blinzelte Shaldus durch ein Auge, um es sich nicht entgehen zu lassen, wie sich die Elfinnen entkleiden.

Nur statt einer Elfe, grinsten ihn große unelfische Augen von oben herab an.

Erschrocken fuhr Shaldus hoch und sprang, mit einem Laut als wäre er in einen Reißnagel getreten, von der Liege, wobei gleichzeitig die beiden Elfen mit einem Puffen im Nichts verschwanden. Ein überraschter Mädchenhafter Schrei antworte dem verblüften Magier und gab ein Mädchen in einem Nachtgewand, mir kurzen schwarzen Haaren, preis, welche nun ängstlich hinter der Liege kniete und sich den Kopf hielt, als würde der Himmel über ihr zusammen brechen. Um ihren Hals leuchtete ein hellblauer Kristall auf und verblasste gleich wieder in seine silbergraue Grundfarbe zurück.

„Elantia! Beim Barte des Propheten!“, keuchte Shaldus fassungslos und deutete mit seine Händen eine Geste an als ob er seine Schülerin erwürgen wolle.

„Was machst du hier?“

Vorsichtig griffen ihre Finger über die Liege und einzige ihre Augen und Nase lunzten über den Rand.

„Ich habe eure Informationen, Magus. Worum ihr mich gebeten hattet.“

Ächzend ließ sich Shaldus in den Sand nieder und atmete tief durch.

„Na komm schon her“, sagte er resignierend und deute mit einer Hand Bewegung Elantia an, das sie sich zu ihm gesellen sollte.

Mit einem male schien der kurze Schock des Mädchens verflogen und hatte dementsprechend auch keine Probleme der Bitte des Magus nachzukommen. Kichernd kniete sie sich vor ihren Meister, legte die Hände in den Schoß, den Kopf schief und grinste unschuldig, während sich der alte Mann die Schläfen massierte.

„Elantia! Wie hast du es geschafft hier hin… Ach ich will´s gar nicht wissen!“

Noch einmal musste er durchatmen.

„Elantia!“ sagte er ernst

„Jaaa?“, antwortete sie neugierig fragend.

„Meine Träume sind Privat. Da hast du nix verloren!“

„Aber ihr sagtet ich solle euch sofort aufsuchen wenn ich alle Informationen über die Pforte zusammen habe!“

Shaldus war sichtlich verblüfft

„Du hast alles?“

Elantia schien peinlich berührt und zwinkerte nervös mit den Augen.

„Naja, fast“, nuschelte sie etwas bedrückt und zog ein paar Pergamente aus ihrem Dekolleté und breitete sie zwischen sich und dem Magus aus, der versucht war nicht in ihren Ausschnitt zu gaffen.

Wann war ihm nur entfallen das aus dem kleinen Mädchen, eine junge Frau geworden war?

„Daah“, erwähnte Elantia und deutete hastig auf ein Bild von einem steinenden Torbogen mit aufwendig eingemeißelten Symbolen.

„Was es mit den Sieben Splittern der Macht auf sich hat weiß ich noch nicht, aaaaabeeerrrr……!“

Sie ließ ihren Finger durch die Luft kreisen.

„…Ich habe die Bedingung übersetzt, hihi! Soll ichs sagen?“

Doch Shaldus verschränkte ungläubig die Arme vor der Brust.

„Warum sollst du die Bedingung übersetzt haben, wo so viele Gelehrte dran scheiterten?“

„Die hatten halt keine Phantasie gehabt!“

„Phantasie? Mädchen das ist…!“

Rasch hielt sich Elantia den Zeigefinger vor die Lippen, um ihrem Meister zu signalisieren das er sich nicht aufregen müsse.

„Wollt ihr nun wissen was ich herausgefunden gehabt habe oder was“, grinste Elantia verschmitzt.

Sie wusste mit dem alten mürrischen Mann um zugehen und genauso gut wusste sie das er ihre Begabungen schätzte. Sie zog eine Pergament vor ihre Augen und las.

 

„Unverschämte Wohltat. Gefallendes Licht. Lebendiger Tot. Wut aus Metall .Glauben aus Fleisch. Liebe ohne Begierde!“

 

Ein kurzes Schweigen, verbunden mit dem Nachdenklichen Gesicht eines alten Mannes, der sich am Bart zupfte, erfüllte den Moment.

„Das sind nur Sechs“, sagte Shaldus trocken.

„Anders macht es keine Sinn“, grinste Elantia selbstsicher.

„Sieben müssen Sieben Splitter einfügen!“

„Ein Übersetzungsfehler, da bin ich mir gaaanz sicher.“

Elantia nickte übertrieben um ihren Worten Ausdruck zu verleihen.

„Und der Siebte? Die Pforte selbst?“

„Steht vielleicht im Schwatzer!“

Und auf einmal schien trotz der schwülen Wärme eine eisige Kälte zwischen Magus und Schülerin zu herrschen. Beide wussten was das bedeutete. Der Schwatzer war ein Buch das tief unter Atarnar ruhte. Allwissend und bewacht von magischen Fallen. Einst geschrieben von Jenen, die später nach Mun´Itan gingen.

Und noch als beide Intensiv nachdachten, schien Elantias Erscheinung leicht Durchsichtig zu werden.

„In Traummagie bin ich nicht die Bestigste“, entschuldigte sie sich und bohrte peinlich berührt ein paar Löcher in den Sand.

Shaldus aber lächelte verständnisvoll.

„Ich bin sehr stolz auf dich, meine Schülerin. Versuche nun zu schlafen!“

Elantia gluckste vergnügt wie ein kleines Kind und ließ ihrer Freude freien Lauf. Sie hauchte Shaldus einen Kussmund zu und verschwand dann wie Nebel in der Luft.

Im Traum spielte Zeit keine Rolle und so entschied sich Shaldus in seinen Körper zurück zu kehren und auf zu wachen.

Langsam verschwommen der Strand samt Meer und Sonnenuntergang und nur einen Moment später schlug er die Augen auf und fand sich wieder auf dem Holzstumpf wieder, auf dem er eingeschlafen war. Die Stadt der Magier verteidigen, dass könnten die Zwerge leicht übernehmen. Aber einen Blick in den Schwatzer zu werfen. Auf diese Idee war er schon länger gekommen. Er brauchte jemanden der das für ihn tat. Sein Blick viel auf die schlafende junge Frau vor ihm.

Eine Geschickte und Agile Frau wie sie könnte die Fallen umgehen, aber konnte er ihr vertrauen.

Unruhig wälzte sie mit ihrem Kopf durch das Gras und schien einen Alptraum abschütteln zu wollen.

Shaldus kannte die Regel, sich nicht in die Träume andere ein zu mischen, nur wie auch seine Schülerin, hielt er sich herzlich wenig mit Regeln auf. Bis zum Morgen hatte er eh noch viel Zeit. Also lehnte er sich noch einmal zurück und suchte in seinen Gedanken einen Weg in den Verstand der jungen Frau.

Vorsichtig baute er eine Verbindung zu ihrem Geist auf, als sein Verstand, plötzlich mit einem Ruck durch ein wirbelndes kreischendes Loch gezogen wurde. Schnell versuchte er die Verbindung zu kappen, doch es war bereits zu spät. Im nächsten Augenblick fand er sich in einem kleinen Raum wieder. Shaldus verdammte sich ein weiteres mal für seine Neugier. Er war im Traum von jemand anderem Gefangen. Raus käme er erst wieder wenn sie aufwachte. Diese Frau musste einen festen und ungebrochenen Willen, einen so starken und geübten Geist haben, das man sie nicht beeinflussen konnte. Aber wenn sie so stark war, welcher Traum schreckte sie hinter ihren Augen?

Und wieder war die Neugier mächtiger als die Vernunft. Als er sich umblickte erkannte er das der Raum aus Stein war, Fensterlos und doch hell, mit nur einer Tür aus Holz, hinter der ein leises wimmern zu hören war.

Vorsichtig streckte er eine Hand aus und drückte die Tür auf und fand sich auf einer, in die Nacht gehüllte, Wiese wieder. Zu seiner Rechten die Überreste einer zerstörten Holzhütte, zu seiner Linken ein breites, schlecht ausgehobenes Loch aus dem das Wimmern Klang.

Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken als er in das Loch blickte und ein kleines Mädchen sah das zwischen einem toten Mann und einer toten Frau lag. Keine Frage war das Mädchen das frühere Selbst, der Frau dessen Traum er heimsuchte und er fragte sich ob er in einer Erinnerung gelandet war. Die Umgebung schwamm Traumtypisch vor sich hin und schien mehr aus Gummi zu sein. Wiese, Wald, die Hütte und ein Fluss den Shaldus ebenfalls erkannte schienen so unwirklich zu sein, als ob sie in diesem Traum fehl am Platz wären. Auch gab es keine Ferne oder einen Horizont. Hinter dem Fluss wurde es einfach Schwarz.

Er kannte diese Art von Träumen. Sie waren unkontrolliert und von Gefühlen beeinflusst. Diese Art von Träumen waren gefährlich, für den der sie betrat. Sollte der Träumende plötzlich aufwachen ohne eine Aufwachprozedur zu durch laufen, wäre man im Nichts gefangen. Und noch während der Magus die Umgebung nach einem möglichen Ausgang inspizierte, sprang das jüngere Ich von Tenia aus dem Loch, flog über Shaldus hinweg und landete geschmeidig auf den Ziegeln eines Daches.

Nun war sie nicht mehr klein, sondern um einiges älter und die Gegend hatte sich schlagartig in ein dichtes Gewirr aus Hausdächern verändert, über ihnen ein Vollmond der alles in seichtes Silber tauchte. Die Junge, in einen grauen Ganzkörper Overall gekleidete, Tenia, sprang mit Leichtigkeit von Dach zu Dach, gefolgt von einer vermummten Frau, einer Elfe, einer Drow und einer Dämonin.

„Wieder eine Erinnerung“, wunderte sich Shaldus und schaute sich um. Er erkannte die Stadt. Sie wurde vor ein paar Jahren zerstört.

Das die Kellnerin, dessen innerstes er ergründen wollte, sich mit irgendwelchen Drow und Dämonen umgab, beeindruckte ihn innerlich. Er wusste das sie ihn was ihre Vergangenheit anbelangte belogen hatte. Schon nachdem sie den kleinen Justin durch die Straßen verfolgt hatte und so überragend gegen die Askula gekämpft hatte, war ihm klar das sie mehr war als nur eine Kellnerin.

Als dann eine der Frauen vom Dach viel und Tenia entsetzt hinter hersprang, veränderte sich die Umgebung ein weiteres mal. Er stand mitten in einem dicken gelblichen Nebel, welcher das neue Geschehen fast Unerkennbar machte.

Ein kleines Mädchen, wahrscheinlich wieder die kleine Tenia, kniete bei einem blonden Mann und weinte. Dieser schien sie nicht zu hören und wandte sich von ihr ab. Er als Shaldus versuchte einen Schritt aus dem Nebel heraus zu finden, schreckte Tenia auf und starrte zum ihm herüber.

Als ihr Blick den seinen traf, riss eine unsichtbare Kraft, wie Wind, Shaldus von den Beinen.

Jeden Augenblick würde sie aufwachen und er steckte immer noch fest. Wie von einem Strudel gepackt wurde er hilflos auf eine herannahende Dunkelheit zu getrieben, als ihn etwas von hinten um den Bauch packte und nach hinten riss.

Einen Moment später wachte Tenia auf.

 

Auch wenn sie die Augen nur kurz geschlossen hatte, verriet ihr das Gezwitscher von Vöglen, das sie doch eingeschlafen sein musste und das ein neuer Tag angebrochen war. Das erste Mal seit langer Zeit wachte sie nicht in einem Bett auf. Keine Decke lag schützenden über ihr und kein Kissen wiegte ihren Kopf. Und dennoch fühlte sich das Gras unter ihr an als wäre sie auf Federn gebettet. Grund genug die Augen noch einen Moment geschlossen zu behalten und die einzelnen Sonnenstrahlen zu genießen die sich warm durch die Lider drängten.

Erst als sich ein Schatten über ihr, den Sonnenstrahlen in den Weg stellte, konnte sei leichtes verärgertes Brummen nicht zurückhalten.

„Wer isn das“, erklang über ihr eine fragende Stimme.

Als Tenia vor Schreck die Augen auf riss, zeigte sich die Stimme in Form eines jungendlichen Mädchens die sie aus großen fragenden Augen heraus anstarrte. Wie ein neugieriges kleines Kind, ließ das Mädchen mit den dunklen kurzen Haaren einen Zeigefinger über Tenias Nase kreisen und spielte wohl grade mit dem Gedanken, diese an zu stupsen, um sie auf ihre Echtheit zu prüfen.

Erschrocken richtete sich Tenia auf, worauf hin das Mädchen einen Satz zurück machte.

„Magus Shaldus“, rief das Mädchen erstaunt. „Die Frau ist wach!“

Shaldus saß noch wie zuvor auf dem Baumstumpf und grinste sanft herüber, während Tenias Verstand die Harmlosigkeit der Situation erkannte.

Dann begutachtete sie das Mädchen vor sich, die den Kopf fragend schief gelegt hatte. Mit den großen blauen Augen und den ungekämmten kurzen schwarzen Haaren wirkte sie wie ein unschuldiges kleines Kind. Allerdings ließen die Anzeichen eines Busens, unter dem weißen Nachthemd, darauf schließen dass sie schon mindestens in einem Pubertären Alter sein musste.

„Wer bist du“, fragte Tenia sanft.

„Hihihi“, kicherte das Mädchen vergnügt und lunzte dabei zu Shaldus herüber, der anscheinend noch Müde von der Nacht, seine Pfeife rauchte.

Ein kleiner Navette förmiger Stein den sie um den Hals trug leuchtete, in einem hellen Blau, leicht auf.

Die Aussage des Mädchens irritierte Tenia. War sie irgendwie Dumm? Und wo kam sie überhaupt her?

„Elantia, kleines“, rief Shaldus erschöpft. „Komm her!“

Ohne zu zögern sprang das Mädchen auf und kniete sich vor den Magus. Vorsichtig legte er seine Hand hinter ihren Kopf und drückte ihre Stirn an seine und flüsterte ihr etwas zu.

Dann, nach einem kurzen nicken, löste sich das Mädchen in Rauch auf und war verschwunden.

Zurück blieb ein müde dreinblickender alter Mann.

„Wer war das, Mädchen?“

„Meine Schülerin, Elantia“, sagte Shaldus und hob eine gelbe Apfelartige Frucht aus einem kleinen Weidenkorb, neben dem Baumstumpf und warf diese Tenia zu.

„Stimmt ihr hattet eine Schülerin erwähnt“, grinste Tenia und blickte auf die Frucht. „Eine Opsops.“

„Ja, Elantia hatte sie mit gebracht. Sie zwingt mich immer so ein Zeug zu essen. Das macht hundert Jahre alt“, stammelte Shaldus mürrisch.

Auf Grund seines Erscheinungsbildes verkniff sich Tenia ihre nächste Bemerkung und biss in die Frucht.

„Eure Schülerin ist ein wenig…hmm.“

Shaldus atmete tief durch und schien nach passenden Worten zu suchen und zündete sich ein weiteres mal seine Pfeife an.

„Elantia ist etwas Besonderes.“

„Sie kam mir wie ein kleines Kind vor. Wie ein Acht oder zehnjähriges unschuldiges Kind.“

„Sie ist…etwas Besonderes“, wiederholte Shaldus ein weiteres mal und erhob sich, auf seinen Stab stützend. „Und kümmert sich um einen alten Zausel wie mich. Aber das ist jetzt egal. Mein Angebot steht noch. Oder habt ihr es euch anders überlegt?“

Tenia bemerkte den abschweifenden Blick das Magus und fragte aus Respekt nicht mehr weiter und für einen Augenblick hatte Tenia die letzten Tag völlig vergessen. Sie war es ihrer Freundin schuldig sie zu begraben. War es Feigheit das sie nicht zurück wollte? Zumindest nicht sofort?

Der Magus hatte ihr angeboten mit zu den Zwergen zu reisen. Und auch wenn sie Beide mit einander überhaupt nicht warm wurden, wollte sie ihn begleiten. Direkt die Zwerge mussten es ja nicht sein. Noch eine Tagesreise und sie würden nach Tumen kommen.

Eine kleine Stadt die im Schutze des Lichtordens Stand. Für ein bis zwei Tage würde es da auszuhalten sein.

 

Paladine

Im Schankhaus „Zum Würdigen welken Hirsch“ in Tumen.

Über viele Jahre hinweg war Tumen immer eine Anlaufstelle für Möchtegerndiebe oder Falschspieler gewesen. Doch seit sich der Orden des Lichts, auf der Klippe, in dessen Schatten die Stadt lag, breit gemacht hatte, war es ruhig geworden. Viele gingen nur noch ihrer Arbeit nach, was Hauptsächlich aus Ackerbau, Handel und Handwerk bestand, und trafen sich Abends im Schankhaus und Fachsimpelten über irgendeinen herannahenden Krieg. Wohl wurden an keinem Ort mehr Spekulationen und mögliche Lösungen ausgetauscht wie in den 4 Wänden des Welken Hirsches, welches durch die strenge Zensur was Namen betraf in „Würdiger welker Hirsch, unbenannt wurde. Kam es sonst immer vor das sich einige wenige Drow Händler in das verträumte Städtchen verirrten, war Tumen eine der wenigen Städte die ausschließlich aus Menschen bestand, was wohl auch an der Präsenz des Ordens lag und daran lag das Fremde nur selten erwünscht waren. Neue Besucher brachten stets neue Probleme mit.

 

„Ich sag euch die Handelsstadt war erst der Anfang, da kommt noch viel mehr“, warnte Rus, ein alternder Bauer mit korpulenter Statur. „Die Orks werden da nicht halt machen“.

„Das waren nicht die Orks, du Spinner“, mischte sich Gume der Fleischer der Stadt, ein. „Das waren die Echsenmenschen, die Askali.“

„Arr, alle aufhängen“, brüllte Fums mit krächzender Stimme, ein Greiß der schon etlicher Jahre eine Art Ruhestand Genoss und nie wirklich wusste worum sich die Gespräche drehten.

„Askula“, flüsterte eine Stimme trocken von einem einsamen Fenstertisch her und sofort waren sämtliche Augen auf den Mann gerichtet, der mit gesenktem Blick an seinem Krug nippte. Seine dunkeln Haare schlapp herabhängend, verbargen sein Gesicht fast zur Gänze und sein dreckiges weißes Hemd deutete bereits erste Löcher an. Hätte er aufrecht gesessen, hätte er seine hünenhafte und muskelöse Statur furchteinflößend in Scene setzen können.

Aber wie jeden Abend saß der Paladin nur da, trank sein Bier und versank in Selbstmitleid.

„Garrison“, prahlte Gume und verbarg seinen Hohn nicht. „Habt ihr Paladine jemals gegen die „Askula“ gekämpft?“

„Was fragst du ausgerechnet den“, spottete Raank der Schmied, der nach getaner Arbeit immer in seiner Lederschürze an der Illustren Runde teilnahm und an Statur und Kraft einem Paladin in nichts nach stand. „Der hat doch im Leben noch keinem Askula gegen über gestanden.“

„Aber du“, lachte Thoma ein Schlaksiger Dachdecker Mitte Vierzig, der im Gegensatz zu allen anderen am Tisch noch alle Haare besaß.

„Und ob“, brüllte Raank und donnerte seinen Holzkrug auf den Tisch. „Damals, als ich noch in der Lehre war, in Hadria, kamen sie eines Nachts und übervielen die Stadt.

„Und er hat alle mit seinen bloßen Händen erwürgt“, kicherte Thoma leise, während der Schmied seinen Humpen ansetzte und das Bier wild herunter schlang.

„Und ich“, setzte er dann fort. „Habe jeden einzelnen von Denen erwürgt. Unerfreuliche Zeitgenossen. Sage ich euch.“

Er wollte grade neu ansetzen als ein kühler Windzug durch die Taverne blies. Niemand hatte gehört das die dicke Holztür auf geschwungen war und ein Gast auf der Tür schwelle stand. Eine junge Frau, in einem weißen Hemd und einer schwarzen Hose mit nieten, schaute müde und erschöpft in den Raum. Ihr langes Braunes Haar flatterte leicht durch einen weiteren Windzug, hinter ihr die einbrechende Nacht. Ohne auf die Blicke, die sie auf sich zog, zu reagieren, schloss Tenia die Tür und ging gradewegs zum hintersten Tisch und setzte sich so das sie den größten Teil des Raumes im Blick hatte. Einzig ein breiter Mann in einem weißen zerflederten Hemd, der einen Tisch weiter mit dem Rücken zu ihr saß, versperrte ihr etwas die Sicht. An dem Breitem Claymore, das Nackt neben dem Tisch lag, erkannte sie das es sich um einen der ansässigen Paladine handeln musste. Auch wenn sein äußeres Erscheinungsbild recht untypisch und eher heruntergekommen wirkte.

„Ausnahmsweise mal nette Gesellschaft“, flüsterte Thoma zu Gume und konnte ein breites grinsen nicht verbergen, während der korpulente glatzköpfige Wirt an Tenias Tisch schritt.

„Ein Bier und etwas Warmes, Bitte“, bestellte Tenia unter den wachsamen Augen der anderen Gäste. Raank, der merkte das er nicht mehr die Aufmerksamkeit der Tischrunde genoss, hämmerte ein weiteres Mal seinen Krug auf den Tisch und versuchte wieder dort an zu setzen wo er stehen geblieben war. Fremde waren ihm egal, auch wenn es Frauen waren.

„Ihre Haut so ledrig und schleimisch, mit roten Augen und einen Dornenbesetzten Schwanz. Manche von ihnen bis zu 3 Meter hoch und in den Händen, riesige Keulen mit denen sie alles zerschmettern konnten.“

„Arr, Alle aufhängen“, krächzte Fums ein weiteres mal.

„Askula“, flüsterte Tenia leise fragend.

„Tss“, flüsterte der Paladin vor ihr zurück, seinen Blick weiterhin auf seinen Krug gerichtet, während der Wirt Tenia einen Krug Bier auf den Tisch stellte.

„Mit dem Schleimisch hat er recht“, flüsterte sie hämisch und setzte den Krug an die Lippen. Das kühle Getränk war, nach der zweitägigen Reise, eine Wohltat für ihre Kehle.

„Hm“, antwortete der Paladin vor ihr und klang diesmal leicht amüsiert.

Dann kehrte der Wirt wieder an ihren Tisch und setzte ihr einen Teller mit dampfenden, herb riechenden Fleischstücken, in Soße, und einer Gabel vor die Nase. Sofort griff sie nach der Gabel, rammte sie in ein Fleischstück, schob es in den Mund und schlang es nur halb zerkaut herunter, bevor sie sich dem nächsten Stück widmete. Nach Zwei Tagen, die ausschließlich aus einer einseitigen Ernährung aus widerlichem Brot und Früchten bestand, hätte sie das, zu Stücken verarbeitete Tier, wohl auch Roh gegessen.

Das Fleisch schmeckte wie es roch, trotzdem konnte sie es nicht zuordnen.

„Was ist das“, fragte sie kauend, während ihre Augen nach dem nächsten Stück gierten.

Mit einem leicht angewiderten Blick, wandte sich der Wirt von ihrem Tisch ab konnte sich aber noch ein leises „Welker Hirsch“ abgewinnen.

„Würdiger welker Hirsch“, spottete der Paladin vor ihr.

„Ich habe eine Frau noch nie so essen sehen“, wunderte sich Thoma und schaute fragend in die Runde.

„Das Fleisch das die Dame da herunter schlingt, ist von einem Bock den ich erst gestern geschlachtet habe. Kein Wunder das es ihr schmeckt“, rühmte sich Gume und setzte den Krug an.

„Wenn das wirklich dein Bock ist dann geb ich der jungen Dame nicht mehr lange, bis sie sich an einem Knochenstück verschluckt“, meldete sich Bomorjor, der hagere kleine Uhrenmacher zu Wort, der mit seiner Aschfahlen Haut und seinem kleinen Wuchs, eher wie ein Kobold aussah der unter einer Brücke hauste.

„Dir würde mal etwas Fleisch ganz gut tun“, antwortete Gume gelassen und lehnte sich zurück.

„Was meint ihr“, flüsterte Thoma und lehnte sich dabei breit grinsend über den Tisch. „Ob sich das junge Ding nach etwas Wärme sehnt.“

„Die hat irgendetwas seltsames an sich“, nuschelte Rus und verzog das Gesicht.

„Seht zu und lernt“, meinte Thoma selbstsicher und erhob sich von seinem Platz. Mit Angeschwellter Brust schlenderte auf Tenias Tisch zu und schon ihren Teller beiseite während sie nach einem Fleischstück stach. Genervt schaute sie auf.

„Na, schon einen Ort wo ihr Übernachten wollt, Püppi?“

Bei dem Wort „Püppi“ riss sie die Augen auf und starrte ihn mit einem Blick an der ihn eindeutig fragte, ob er nach alle Tassen im Schrank hatte und ob er Lebensmüde sei.

Mit wachsener schlechter Laune wollte sie sich ihren Teller wieder zu sich ziehen, als Thoma seine Hand auf ihre legte, während sie ihre Hand nach ihrem Teller ausstreckte.

Tenia atmete tief ein, legte die Gabel auf den Tisch, lächelte Thoma an und deute mit dem Zeigefinger an das er ihr näher kommen sollte. Grinsend folgte er ihrer Bitte.

Und als er nah genug war schnellte ihre Hand hinter seinen Kopf, packte ihn an den Haaren und hämmerte ihn auf den Tisch. Panisch vor Schmerzen schreckte der Dachdecker ein paar Schritte zurück und hielt erschrocken seinen Kopf. Tenia griff wieder ihre Gabel, schob ihren Teller zu sich und stach unter dem lauten hämischen Gejohle der anderen Männer wieder in ein Fleischstück, welches sie ohne zu zögern und ohne dem Dachdecker eines Blickes zu würdigen, in den Mund schob.

Der Einzige dem alles unbekümmert ließ war der Paladin vor ihr, der wie zuvor auf seinen Krug starrte.

Immer noch erschrocken von Tenias heftiger Reaktion taumelte Thoma auf seinen Platz zurück wo er schulterklopfend und lachend von seiner Stammtisch runde empfangen wurde.

„Du bist ein Held“, lachte Gume.

„Oh man“, stammelte Thoma und griff nach seinem Bier. „Die Kleine hat Feuer.“

 

Das Gelächter war noch nicht ganz erloschen als Tür zur Schenke ein weiteres mal auf ging.

Ein großer Mann mit einer an den Körper angepassten silbernen Rüstung betrat den Raum, gefolgt von zwei weiteren gleichgekleideten Männern.

Tenia blickte nur einmal kurz auf, erkannte aber an dem eingravierten Schwert auf der Brust der Rüstungen, das es sich weitere Paladine handeln musste. Während dem ersten seine Schulterlangen Haare durch das junge Gesicht wehten, trugen die anderen beiden rote Kopftücher, wie man sie üblich unter einem Helm trug, um die Kopfhaut zu schützen.

„Was gab es den Amüsantes“, fragte der Blonde arrogant und schaute in die Runde, bis sein Blick auf Garrison hängen blieb. Schnell erstarb das Lachen am Stammtisch, als die Tür ins Schloss geworfen wurde.

Mit selbstsichern großen Schritten stapfte der Blonde auf Garrison zu, während die anderen Beiden an der Tür stehen blieben.

„Garrison“, quoll es grad zu verächtlich über die Lippen des Blonden, als er sich diesem gegenüber auf einen Stuhl setzte und seine Kettenhandschuhe von den Fingern zog. Lässig legte er seine Finger in einander und stützte sich mit den Ellenbogen auf.

„Ich wollte dir noch danken, mein Freund. Das du auf den Posten des Hauptmanns verzichtet hast.“

Trotz des Spottes schaute Garrison weiterhin, mit leerem Blick, auf seinen Krug.

Der Blonde griff nach einem kleinen Lederbeutel an seinem Gürtel, löste ihn und entehrte seinen Inhalt, ein paar Münzen, auf dem Tisch.

„Mein Dank an dich, Garrison“, spottete der Blonde weiter und erhob sich wieder. „Damit kannst du dich noch ein paar weitere Monate dem Suff hingeben.“

Als Garrison auch darauf nicht reagierte, wirkte der Blonde sich kurz in seiner Ehre gekränkt und stand so ruckartig wieder auf das er den Stuhl hinter sich weg riss. Verächtlich trat auf das Claymore und riss Garrison den noch Halbvollen Krug aus der Hand und schüttete den Inhalt in seine Richtung.

Doch der Paladin reagierte schnell und nickte mit dem Kopf zur Seite so das ihn das Bier verfehlte und klatschend In Tenias Gesicht landete, die grade mit einem Schluck aus Ihrem Krug das letzte Stück Hirsch herunter spülte.

Wieder waren sämtliche Augen auf sie gerichtet.

Mit ansteigender Wut im Bauch, stellte Tenia den Krug, mit zitternden Händen zurück auf den Tisch und schloss die Augen.

„Ein Paladin, ein Mann der das Gesetzt vertritt, hatte versehentlich eine Dummheit begangen. Dir war schon schlimmeres wiederfahren“, rief sie sich in den Kopf. „Gleich würde er ihr ein Tuch reichen, sich entschuldigen und wohlmöglich ihr das Zimmer für die Nacht bezahlen. Er ist ein Mann von Ehre.“

Tatsächlich hörte sie die Schritte wie der Blonde Paladin an ihren Tisch geschritten war.

Als sie dann Aufblickte, um die Entschuldigung entgegen zu nehmen, hatte dieser jedoch nur Augen für ihr Hemd das nun klatschnass auf ihren Brüsten klebte.

Mit einem widerlichen grinsen beugte er sich zu ihr herunter, stützte sich mit einer Hand auf den Tisch und leckte sich über die Lippen.

„Hehe, das mit dem Bier tut mir Leid“, sagte er ohne Blick von ihrer Oberweite zu lassen. „Darf ich dir aus deinen Klamotten helfen.“

Mit einem Mal hatte sich sämtliches Blut aus Tenias Kopf verabschiedet. Hatte sie grade richtig gehört?

„Du mieser, Kleiner“, setzte Tenia an und sprang von ihrem Stuhl auf.

Doch Blitzschnell griff der Blonde ihr an den Hals, drückte sie an die Wand hinter sich, so das sie den Kontakt zum Boden verlor und grinste sie weiterhin auf selbstsichere weise an.

„Was habe ich da gehört“, zischte der Blonde durch die gebleckten Zähne Tenia an, die Luftschnappend sich zu befreien versuchte. „Du weißt wohl nicht mit wem du redest.“

Der Paladin war zu kräftig, als das sie sich von ihm losreißen konnte, also zog sie ein Knie hoch und rammte es Paladin unter das Kinn. Und das saß. Benommen wankte er zurück, ließ sie los und hielt sich das Kinn.

Schnell sprang sie ein Stück in die Luft, stieß sich von der Wand hinter ihr ab und sprang dem Blonden mit Gestreckten Bein ins Gesicht. Sofort waren die anderen beiden Paladine zur Stelle und suchten sich einen Weg durch die Tische. Scheppernd krachte der Blonde rückwärts zu Boden, was Tenia gleich ausnutzte und seine Rüstung als Sprungbrett benutzte. Mit einem klirrenden Geräusch sprang sie dem nächsten Rüstungsträger mit dem Ellenbogen ins Gesicht, so das auch dieser nach hinten wankte.

Sie musste es nur bis zur Tür schaffen. Die Typen in ihren Blechbüchsen waren zwar kräftiger, aber wesentlich langsamer als sie. Mit Leichtigkeit wich sie einem Schwinger des dritten Ritters aus und rammte ihm als sie an ihm vorbei sprang, einen Hacken vor die Nase.

Bevor einen von diesen Blechbüchsen ihr wieder hätte gefährlich werden können, wäre sie schon längst hinaus.

Also hechtete zur großen Holztür, als sie etwas am Fuß packte, sie in der Luft stoppte und Bäuchlings auf den Tisch unter ihr krachte. Eine gelbe leuchtende Kette, die sich aus einer Hand des Blonden erstreckte, hatte sich um ihren Knöchel geschwungen und so ihren Sprung jäh unterbrochen. Schnell wirbelte sie ihren Körper herum um auf den Rücken zu gelangen, als ein anderes grelles Licht über ihr aufflammte und auf sie nieder Schoß. Wie eine Betonplatte krachte das Licht auf sie und presste sie mit brachialer Gewalt durch den Tisch, auf den harten Holzboden wo sie benommen liegen blieb. Einen Moment später war such schon einer der Paladine über ihr und hievte sie auf die Beine, während er ihre Arme hielt. Noch nie hatte sie erlebt das Licht so etwas bewirken konnte. Betäubt sah sie nur noch die Faust des Blonden auf sich zu schnellen.

Nach einem kurzen unerträglichen Schmerz, wurde es dunkel.

„Nehmt sie mit“, brüllte der Blonde.

Mit Leichtigkeit warf der Paladin, der sie noch zuvor an den Armen gehalten hatte, über die Schulter und stapfte mit der bewusstlosen Tenia zur Tür hinaus.

„Und wer bezahlt mir jetzt den Schaden“, brüllte der Wirt über den Tresen, hielt sich unter dem strengen Blick des Blonden aber stark zurück.

Ein letztes mal ließ der Blonde seinen Blick durch den Raum schweifen und wischte sich etwas Blut von der Lippe. Am Stammtisch hatten alle ihre Köpfe gesenkt und versuchten dem Blick des Paladins auszuweichen, als wenn nichts gewesen wäre.

„Bezahl ihn“, fuhr der Blonde den anderen Paladin an und stapfte dann ebenfalls hinaus.

Dieser Schritt ohne zu zögern auf den Tisch von Garrison zu, packte die Münzen und warf sie dem Wirt entgegen.

„Stimmt so“, brummte er und folgte dann den anderen nach draußen.

 

Nach einer kurzen Pause des Schweigens was es dann Gume der als erstes seine Sprache wieder fand.

„Fremde bringen nur Probleme mit“, stellte er überzeugt fast und traf mit seiner Aussage auf ein Stimmiges Nicken.

„Zum Glück haben wir diese Paladine“, entgegnete Rus mit wiedergewonnenem Mut und erntete ebenfalls ein beifälliges Nicken.

„Arr, alle aufhängen“, krächzte Fums.

Garrison ließ seinen Kopf weiterhin gesenkt, lunzte aber nun auf das paar Kettenshandschuhe vor sich das der Blonde vergessen hatte.

 

 

 

 

 

 

Ambrus Machtheld

 

5. Beobachtunsposten:  Tumen, Kaserne des Lichtschwertes, Speisesaal.

 

Mit einem lauten Echo schallte die Stimme des Obersten Kommandanten „Ambrus Machtheld“, von den weißen, mit roten Bannern versehenden, Wänden des Speisesaals wieder. Der alte aber noch Fit wirkende Kommandant der Kaserne, gab sich keine Blöße, als er noch während des Lachanfalls den noch halbvollen Krug ansetzte und dabei die Hälfte über sein Lederwams schüttete. Der weiße flauschige Schnäuzer samt Rauschebart konnte, was länge anbetraf, mit dem von Shaldus zwar nicht mithalten. Doch übertraf er ihn bei längen was die Fülle an Fleischstücken und Met betraf.

Ambrus aß und trank mit Leidenschaft, während Shaldus, der ihm gegenüber, der weit gedeckten Platte saß, mit Genuss an seinem Met nippte. Zur linken des Magus erstreckte sich der lange Tisch, mit geleerten Tellern und Schalen.

Shaldus und Ambrus, dicke Freunde aus alten Zeiten, waren die beiden letzten die noch saßen und somit die Gelegenheit nutzen alte Kamellen auszutauschen, welche dank eines erhöhten Alkohol Pegels sonderbar Abstrakt ausvielen.

„Drei mal, alter Freund“, prustete Der Paladin und spuckte dabei etwas Met über den Tisch. „Drei mal, habe ich dir, während der Trollkriege, den Hintern gerettet“.

„Und ich dir unzählige male den Deinen, während des Ogeraufstands“, antwortete der Magus, wissend das sein Freund nicht sonderlich Kritik fähig war.

„DU hast noch nie“, holte Ambrus aus. „Noch nie, nur mit einem Schwert, gegen Fünf, Drei Meter hohe, hässliche, fette, stinkende, dumme…“. Laut Aufstoßend unterbrach er seinen Satz und folgte mit schwankendem Kopf, der Flugbahn einer Fliege, bevor er wieder nach seinen Worten suchte.

Shaldus gluckste und weitete dann sein leises Lachen zu einem lauten Gegröle aus in das Ambrus gleich mit ein stieg.

Das laute Lachen das von den Weißgoldenen Wänden wiederschalte, erstarb nur langsam, endete dann aber in einem Nachdenklichen Schweigen.

Beide Männer starrten auf ihre Krüge und dachten über die verfolgende Zeit nach und das sie ihre besten Jahre nun hinter sich hatten.

Shaldus erlangte als erstes seine Stimme wieder und sprach dann das an, wonach ihm schon seit längerem der Sinn stand.

„Der Krieg hat Atarnar gefunden“, sagte er leise und schaute in die nachdenklichen Augen seines Gegenübers. „Die Säuberung hat begonnen. Es war nur eine Frage der Zeit.

„Und ihr braucht Männer“, stellte Ambrus fest, der nun wieder um einiges nüchtern schien. „Ist das der Grund deines Besuches?“

Shaldus wusste das er nun seine Worte mit Bedacht wählen musste. Der Gegenseitige Respekt wurde durch viele Schlachten auf unzähligen Feldern gestärkt, aber die Paladine des Lichtordens wurden zu oft als schlichte Leibwächter oder Söldner angeworben.

„ich bin auf dem Weg nach Dur Kahrzad.“

„Die Zwerge?“, fragte Ambrus abwertend und machte kein Geheimnis aus seinem Spott.

„Ein Rauffreudiges und Kriegslustiges Volk.“

„Und sie sind viele“, warf Shaldus ein. „Und Freunde. So wie du mir immer einer warst.“

 

Im Hirn des Kommandanten arbeitete es, so gut der Alkohol es zu ließ.

„Ich kann keinen Mann entbehren, Shaldus. Ob´Arcur wird zum Portal zurück kehren. Es ist bald wieder soweit. Alle Kämpfer des Lichtes werden in zwei Tagen zum Portal geordert.“

Mit diesen Worten schnürte es beiden die Kehle zu. Mit einem so sinnlosen unterfangen hatte Shaldus nicht gerechnet.

„Das wird ein Massaker“, stellte der Magus entsetzt fest.

„Ich weiß“, antwortete Ambrus resignierend.“

„Wer hat das angeordnet?“

„Wer wohl“, sagte Ambrus seufzend.

„Ihr könnt nicht gegen den Wächter bestehen. Nicht mal wenn der gesamte Kontinent gegen ihn antreten würde. Er ist zu mächtig. Verweigere den Befehl.“

„Verweigerung wird mit dem Tod bestraft. Und das würde ich auch nicht tun. Wie lange wollen wir noch hinnehmen das er unsere Städte zerstört. Das kann so mächtig sein wie er will. Auch wir haben die Magie auf unserer Seite. Und er ist allein. Wir sind Tausende.“

„ Verteidige mit mir Atarnar, dort liegt das Wissen verborgen wie man die Säuberung gewaltlos beenden kann.“

Zu gern wäre Ambrus auf die bitte des Magus eingegangen. Er wußte was ihm bevor stand. Doch Befehl war Befehl, das wußten Beide.

 

Nach einer endlosen Minute des Schweigens, betrat ein junger Mann, ein Bote, in einem Lederharnisch den Saal und hielt sich die offene Hand so vor die Brust als wenn er aus seiner Handfläche etwas ablesen wollte. „Weisheit und Stärke“, rief der Bote in den Saal und wartete auf eine Antwort.

Ambrus amtete tief durch und schaute zur Decke. „Sprich.“

 

„Die Dorfwache ist zurück und bringt ihren Bericht.“

Der Bote hatte grade zu Ende gesprochen, als schon ein groß gewachsener Blonder Paladin den Saal betrat, gefolgt von zwei weiteren.

Genervt schob der Blonde den jungen Boten zur Seite und senkte kurz seinen Blick um dem Kommandanten seine Ehre zu erbieten.

„Keine besonderen Vorkommnisse, Kommandant“, rief er und hielt seine Faust vor der Brust.

Ambrus nickte in seine Richtung, wobei ihm die leichten Blessuren, in den Gesichtern der drei Paladine, auffielen.

„Gab es Ärger, Dastár?“

 

„Kommandant?“, fragte der Blonde und versuchte es zu unterdrücken das ihn die Aussage peinlich berührte.

Ambrus drehte seinen Körper in die Richtung der drei Rüstungsträger und stützte sich mit dem Ellenbogen auf den Tisch.

„Ich sehe eine böse Schramme am Kinn und ein Blutunterlaufendes Auge bei euch, Hauptmann. Ein dickes blaues Veilchen bei Huus und eine angeschwollene Nase Bei Ugard.“

Dastár drehte den Kopf zur Seite und suchte nach Worten.

„Es gab eine kleine auseinander Setzung mit einem Fremden“, sagte er Leise.

„Mit Einem“, brüllte Ambrus los und suchte das Gesicht von Shaldus der sichtlich damit beschäftigt war ein Lachen zurück zu halten.

„Sagt mir jetzt bitte das es sich um einem Ork oder sogar einen Oger handelte.“

Verlegen tauschten alle drei ein paar Blicke aus.

„Eine Frau“, nuschelte Dastár fast unhörbar, während ihm die Schamesröte ins Gesicht sprang.

Ambrus traute seinen Ohren nicht

„Sagt das nochmal“, fuhr Ambrus seinen neune Hauptmann an.

„Es war eine Frau“, sagte dieser an etwas lauter und räusperte sich und schweifte mit dem Blick zu Decke ab und wäre am liebsten im Boden versunken als Ambrus und Shaldus in lautes Gelächter ausbrachen.

„Wo ist diese Frau“, fragte mit erhöhter Stimme.

„In der Verwahrung“, rief Dastár zurück und versuchte ein Stück würde zu bewahren in dem er sich vor Augen hielt das sie einen Feind überwältigt hatten.

„Holt sie her, holt sie her. Diese Frau will ich sehen“, brüllte Ambrus und gab sich einem erneuten Lachanfall hin.

 

 

Ein verstörendes Schwindelgefühl und eine unangenehme Übelkeit rissen Tenia aus ihrer Bewusstlosigkeit. Mit einem Satz saß sie aufrecht und ließ ihren Blick durch eine vernebelte Dunkelheit gleiten. Dann spürte sie ihr gepeinigtes Gesicht. Stöhnend fasste sie ihren Kiefer und fühlte mit der Zunge ob sie einen Zahn verloren hatte. Zum Glück schmeckte sie nur etwas Blut, sonst schien alles noch dran zu sein. Außer vielleicht das ihr Hemd nach Bier stank.

Durch ein kleines Vergittertes Fenster sah sie das die Nacht nun herein gebrochen war.

Der zweite Nacht die sie von zu Hause getrennt war und bereits irgendwo gefangen. Schon wieder.

Der schwache Schein des Mondes erhellte die Zelle ein wenig, ihre Elfenaugen taten den Rest.

Sie saß in einem Raum umringt von Stangen, gebündeltes Stroh war zu eine Art Liege zusammen geschoben und sie war nicht alleine. Etwas saß in der Ecke, umringt von Schwarz und schnüffelte und knabberte es etwas herum. Nach der Kontur zu urteilen, war es ein kleiner Mensch. Mit einem gierigen, ächzenden laut biss das dürre etwas in einen Gegenstand und zerrte daran. Tenia überkam ein mulmiges Gefühl bis ihr auffiel das ihr ein Stiefel fehlte. Schnell war ihr worauf das Wesen herum kaute.

Ohne nachzudenken stürzte sie auf das Wesen in der Ecke und trat es mit aller Wucht gegen die Stangen und entriss ihm einen ledrigen Gegenstand der sich, wie sie es sich dachte, als ihren Stiefel entpuppte. Ein jämmerliches Geschrei entwich seltsam deformierten Zähnen. Ein kleiner Goblin blitzte sie erschrocken mit weiten grauen Augen an und versuchte panisch durch die Gitterstäbe zu entkommen. Angewidert blickte Tenia auf das kleine, sich krümmende Wesen und dann auf ihren angekauten Stiefel.

„Mistvieh“, fauchte sie und ging wieder zu der Stelle wo sie aufgewacht war.

Goblins besaßen nicht viel Kraft, dafür aber lange dünne Finger mit denen sie einen Menschen im Schlaf erwürgen konnten. Dieser kleine Kobold würde er jedoch nichts anhaben können, sonst hätte er es schon längst getan. Durch den Schmerz in Kiefer spürte sie ihren Puls und so ließ sie sich mit dem Rücken zur Wand zu Boden gleiten und schob sich den Stiefel über den Fuß, begleitet von den neugierigen und verängstigten Augen des Goblins.

Sie fühlte sich leer und verunsichert, versuchte aber ihre Gefühle zu beherrschen. Als sich dann auch noch ihr Magen erneut zu Wort meldete, war es folgend auch mit der Beherrschung zu Ende. Wie in kleinen Wellen schlugen, die Erinnerungen der Vorletzten Nacht erneut bei ihr ein.

Dieses mal ohne, das ihr Körper sie zur Ruhe zwang oder das sie in Gesellschaft war. Sie war alleine, schon wieder, und sie hatte Hunger. Die kleine Portion von diesem seltsam schmeckenden Fleisch hatte bei weitem nicht den Hunger eines ganzen Tages gedeckt.

Mit einer Hand vor dem Gesicht versuchte sie ihre Tränen vor der Dunkelheit zu verbergen und achtete nicht mehr auf den kleinen Goblin, der sie nun mit einer Art mitleidigen Blick betrachtete und vorsichtig näher gekrochen war.

„Was“, schluchzte Tenia verbittert und trat nach dem nackten Zuschauer.

Dieser sprang ein Satz zurück und warf dann vorsichtig etwas kleines Längliches zu Tenias Füßen, was sich als eine kleine dreckige Karotte heraus stellte und zwischen ihren Beinen liegen blieb.

Mit gespielter Gleichgültigkeit drehte Tenia, übermannt von ihren Gefühlen den Kopf zur Seite, als sich das metallische Klicken, einer Tür, durch die Zellen drängte. Ein Paladin, von dessen Rüstung eine gleißendes Licht ausging, betrat den Verließkomplex, schloss Tenias Zelle auf und winkte sie heraus. Es war der Rüstungsträger der sie festgehalten hatte und dem sie ihren hacken ins Gesicht gerammt hatte. Die dicke angeschwollene Nase sprach für sich.

Tenia wischte sich die tränen aus den Augen und beschloss mal ruhig zu schauen, was auf sie zu käme und folgte dem Paladin bereitwillig aus dem Zellentrakt und bemerkte beim hin ausschreiten, der Goblin, nicht mehr in der Zelle saß.

Die Gänge, eine Etage höher, Fackellos und trotzdem Hellerleuchtet, waren von breiten aufwendig geknüpften Wandteppichen behangen und passten mit ihren Bilden von heroisch wirkenden Paladinen, so gar nicht zu den drei Schlägern aus der Schenke. Und so viel ihr Blick wieder auf den Mann vor ihr, der stillschweigend seinen Weg stapfte. Sie wußte das es nicht klug war und das er ihr kräftemäßig weit überlegen war, aber es kitzelte sie innerlich ihn nach seinem Befinden zu fragen und dabei mit Spott nicht zu geizen.

„Was machst die Nase?“, fragte Tenia dreist und wandte unschuldig ihren Blick wieder zu den Wandteppichen. Es dauerte ein paar Momente bis der Paladin auf ihre Worte regierte. Er blieb stehen und drehte seinen Oberkörper so das er sie über die Schulter sehen konnte. Tenia schluckte. Sie war ihm körperlich haushoch unterlegen und sie war immer noch leicht angeschlagen.

„Ihr habt einen guten Tritt, Lady“, gab der Paladin unter Tenias erstaunten Blick reumütig zu.

„Euer Mut ist bemerkenswert. Den Tritt hatte ich verdient“.

Dann drehte er sich wieder nach vorne und Schritt weiter.

Grinsend trat Tenia neben den Paladin.

„Warum wahrt ihr vorhin nicht so… Paladinmäßig?“

„Tja, warum? Eine lange nervige Schicht, das Gefühl stärker zu sein, ein Arschloch von Hauptmann der gerne seine Macht missbraucht. Sucht es euch aus, Lady“.

„Das Klingt nicht sehr ehrenwert für einen Paladin.“

„Da habt ihr wohl recht, Lady. Ich entschuldige mich für mein betragen.“

„Ach, kein Problem“, grinste Tenia und boxte dem Mann der nun nichts mehr von seiner Gewaltbereitschaften Art von letzter Nacht an sich hatte, gegen die Schulterplatte.

Dankend nickte er Tenia zu.

„Aber ich sage euch, Paladin. Wenn ich diesen blonden Bastard noch mal treffe, bringe ich ihn um.“

„Ihr meint Dastár. Ja den Wunsch hegen viele hier. Leider ist er unser Vorgesetzter. Nach unserem Kodex würden wir uns eher selbst töten als einen Befehl zu verweigern oder einem Vorgesetzten zu widersprechen.“

Von diesem Mann ging eine seltsame Ruhe aus. Vielleicht unterdrückte er sehr gut seinen Innern Gram. Was es auch war, diese Ruhe war ansteckend.

 

Dann erreichten sie einen größeren Saal. An einem langen Speisetisch, gleich vor Kopf, saßen, Shaldus, der Magus der sie begleitet hatte und ein in Jahre gekommener Mann, in einem Lederwams. Während beide Männer sie musterten viel ihr Blick auf den Blonden, mit dem Rücken zu ihr stehenden, Paladin, aus der Schenke, der sie nieder geschlagen hatte und sofort war ihre Ruhe dahin.

Als wenn ein Schalter in ihr umgelegt wurde, blendete sie alles um sich herum aus und ließ ihrer Wut freien lauf. Alle was sie auf einmal wollte, war diesem Arsch die Fresse zu polieren.

„Du“, fauchte Tenia und stapfte auf den Blonden zu, der sich umdrehte und fragend zum alten Mann schaute. Diesen kurzen Anflug von Unsicherheit nutze Tenia und sprang dem Blonden, mit den Knien Voran auf die Schultern. Dieser verlor das Gleichgewicht, stürzte nach hinten und krachte mit dem Rücken auf den Tisch. Teller und Gläser schepperten herunter. Tenia rammte dem Blonden ein Knie in den Hals, während sie ihm mit ihren Beinen seine Arme und mit einer Hand an seinen Haaren den Kopf, auf den Tisch presste und ihm, blind vor Wut, mit der geballten Faust in Gesicht prügelte.

Sie hatte ihn so festgenagelt, das er seine stämmige Statur nicht mehr ausspielen konnte.

Achtlos und ohne Sinn und Verstand ließ sie all ihren Frust an dem, sich unter ihr hilflos windenden, Subjekt aus.

 

Shaldus und Ambrus, die grade noch Rechtzeitig ihre Krüge vom Tisch ziehen konnten, schauten sich über den Rücken der Frau, die längs über Dastár saß, hinweg an. Ambrus Blick funkelte vor Entzückung und Neugier.

„Tenia Bree“, antwortete Shaldus grinsend, als wäre sie ein Produkt das er erschaffen hätte.

„Aus Parvare!“

„Ah“, sagte Ambrus beeindruckt und lehnte sich grinsend zurück, während er mit einer Handbewegung Ugard zurück hielt, der auf den Tisch zu gehen wollte um seinem Hauptmann zu helfen.

„Kommandant“, keuchte Dastár hilfesuchend.

Doch Ambrus, der ebenfalls eine große Abneigung gegen seinen Offizier hegte, genoss die Show und ließ seinen Blick über den äußerst ansehnlichen Körper der schlanken Frau wandern und suchte wieder die Augen seines Freundes.

„Die Kleine hat Feuer, alter Freund. Wo hast du sie her?“

Shaldus zog mit betrübtem Blick die Lippen zusammen

„Die Askula ziehen den Kreis um Atarnar zusammen. Als sie Parvare zerstörten verlor sie alles und ich bot ihr eine Reise zu den Zwergen an.“

„Und sie kam einfach mit?“

„Ja“ sagte der Magus knapp und zuckte mit den Schultern.

 

 

Als sich Dastár nicht mehr regte, setzte sich Tenia schwer atmend auf und wischte sich mit der Hand durchs Gesicht.

Wie Selbst verständlich hielt Ambrus ihr seinen Krug hin, den er vor Tenias Attacke wieder aufgefüllt hatte.

„Danke“, schnaubte Tenia erschöpft, griff nach dem Becher und leerte ihn gierig ohne abzusetzen.

Dann, als sie den Krug, mit einem erleichtertem Seufzer, wieder absetzte, kehrte ihr Bewusstsein zurück und stellte erschrocken fest wo sie sich befand.

Von beiden Seiten grinsten sie Shaldus und der Mann im Lederwams an.

In ihrem Kopf türmten sich von Peinlichkeit berührte Worte auf, doch fand sie keines das sie aussprechen wollte.

So übernahm der Mann zu ihrer rechten den ersten Schritt.

„Willkommen in der Kaserne des Lichtschwertes, junge Dame. Mein Name ist Ambrus

 Machtheld. Altgedienter Paladin und Kommandant dieser Kaserne.“

Nach ein paar gestotterten „öh´s“ und „oh´s“ rang sie sich dann zu ihrem Namen durch.

 

„Te,Te,Tenia Bree, Sir.“

Schmunzelnd erhob sich Ambrus von seinem Stuhl und reichte Tenia in Manier eines Gentlemen die Hand und half ihr vom Tisch.

„Seit mein Gast, Teuerste“, lächelte er Tenia verschmitzt an.

Verlegen wandte sie Ihren Blick zu Boden, während sich Ambrus an den Boten wand, der immer noch im Torbogen stand, und ein Gästezimmer mit Bad und neues Gedeck für eine Person orderte.

Dann schaute er auf den bewusstlosen Paladin.

„Und räumt Dastár weg.“

 

 

Im Verließkomplex indes saß ein Kleiner Goblin vor der Möhre die er dem Menschen aus Zeichen seiner Demut angeboten hatte.

Der Mensch hatte Menno getreten und das Leder das er diesem entnahm war köstlich gewesen.

Menno wusste das er einen neuen Meister hatte, einen neuen Macker.

Er durfte dienen. Der Mensch wollte das Menno diente, sonst hätte der ihn nicht getreten.

Aber der nahm die Möhre nicht.

Der Mensch musste die Möhre nehmen. Menno war verwirrt.

Der Mensch brauchte einen Diener, aber akzeptierte Mennos Ehrerbietung nicht.

Vielleicht mochte dieser Mensch Möhren nicht. Vielleicht musste Menno etwas anderes finden.

Wie selbstverständlich verschmolz Menno mit seiner Umgebung und Schritt durch die Stangen aus dem Verließkomplex heraus und folgte dem Duft des neuen Mackers.

Die großen Menschen sahen Menno nicht, wie immer.

Nachdem er durch ein paar Wände geschritten war, konnte er den Meister beobachten.

Da er lange unter den Menschen lebte, kannte ihre Rassen Beschreibung und ihre Unterteilungen.

Der Meister war ein Weibchen. Ein Menschen Weibchen, das über seine Nahrung herfiel wie ein ausgehungerter Wolf. Wie Macker Meister das Fleisch aus dem toten Hasen riss, verszauberte ihn.

Menno lugte in den großen Raum und betrachtete seinen neuen Herren mit ergebenen und unterwürfigen Augen und hätte sich ihm am liebsten offenbart. Aber die anderen Menschen durften ihn nicht sehen. Nur der Macker durfte ihn sehen. Doch plötzlich viel ihm ein das man bei den Menschen die Geschlechter unterschiedlich aussprach.

Diese Rasse war durch und durch kompliziert.

Wenn ein Männchen ein Macker war, musste ein Weibchen ein Macker…Weibchen sein.

Oder ein Weib-macker-chen.

Menno war überfordert.

Er musste warten und auf den Richtigen Zeitpunkt warten.

Er sah noch zu wie er zu Ende fraß und sich dann in einen kleinen Raum betrat.

Ein anderes Weibchen kam dazu, das die Wunden des Mackers versorgte.

Und sie plapperten unnützes Zeug, viel unnützes Zeug.

Dann ging das Weibchen wieder und sein Macker legte sich hin und schlief.

Sein Macker schnarchte wie eine kranke Sau.

Vorsichtig krabbelte er auf den Bettpfosten und schaute auf ihn herab.

Diese weiche ungeschützte Haut ließen den Macker äußerst Harmlos wirken und das lange Fell das dem aus dem Kopf wuchs machte ihn grade zu hässlich. Er hatte die Hässlichkeit eines Elfen und auch die Ohren eines Elfen.

Er könnte sich dem Macker nun erkenntlich geben. Doch Menschen schätzten es nicht, wenn man sie beim Ruhen störte. Außerdem hatte er kein Geschenk, keine Ehrerbietung. Er würde ihn beobachten müssen um heraus zu finden was ihn zufrieden stellen würde.

Elantia

 

Atarnar Am Morgen.

 

 

Der Raum der die Großküche der Schule innehatte, maß laut Konstruktionszeichnung, ein paar Fuß nach links, ein paar Fuß nach rechts und ein wenig nach oben. Würde man von oben auf diesen Raum schauen könnte man diesen Maßen glauben. Wenn man aber erstmals darin stand brauchte man fast eine ganze Minute um den Raum zu durch queren. Zumindest von einer Wand zur anderen.

Zwischen brodelnden Kesseln und fünf langen Tischen verbanden hohe Holzregale, mit verschiedensten Gewürzen und umherfliegenden Nudomuselfen die mit ihren zaubern die Lebensmittel verarbeiteten, die Arbeitsflächen. Der einzige Mensch der die Küche von innen sehen durfte wurde von den Magieträgern nur die, fette Mathilde, genannt. Sie war die Küchenleitung und so magisch veranlagt wie der Abfall der nach der Arbeit anfiel. Dennoch, konnte Mathilde einem, mit ihrer… wuchtigen Figur genug Angst einjagen das einem die Magie im Halse stecken blieb. Sie legte sehr viel Wert auf gute Handarbeit und erlaubte Magie nur als Küchengerät.

Zwei der Fünf Tische dienten zu Zubereitung verschiedenster Speisen. Vom Eingang aus diente der Tisch links an der Wand für kalte Speisen.

Der zweite Tisch für warme Speisen. Der dritte für Fleisch und der vierte für Gemüse.

Der letzte Tisch der nur knapp an der Wand vorbei führte war ein Abstellplatz für alle möglichen frischen Kräuter. In der Zeile die die Arbeitsflächen für warme Speisen und Fleisch trennte, brodelten drei große Kessel auf einer je einer Feuerstelle

Die metallischen Regale unter den Tischen spiegelten den penibel sauberen Boden.

Und selbst der Schulleiter beugte sich den Gesetzen der Köchin, der ihr lautes Organ das ein ums andere mal zu spüren bekam.

Einzig zwei junge Mädchen, auf der Suche nach dem aktuellen Schokoladendessert, trauten sich in das Reich der Küchenmagd.

 

Vorsicht folgten schwarzen zerzausten Haaren, ein paar wachsame lichtblaue Augen über die Tischkannte der Kräuterfläche und lunzten durch ein paar große flauschige Petersilienstangen, auf der Suche nach dem Süßem Ziel. Neben dem im grün versteckten Gesicht drückten sich noch die goldgelben Augen einer kleinen grauen Katze durch das Kräuterwerk.

 

Elantia hatte während der Nacht grade noch rechtzeitig den Hilferuf ihres Magus erhalten, der es wieder mal geschafft hatte sich in einem Alptraum einzusperren.

Sie rettete ihn und lernte die Frau kennen die in ihrem Traum viel Traurigkeit verarbeitete.

Ihre Haut hatte sich wunderbar weich angefühlt, als sie ihr Gesicht berührte.

Tenia war ihr Name. Aber sie hatte ihr nicht gesagt das sie selbst Elantia hieß.

Magus Shaldus hatte das verboten, fremden ihren Namen zu sagen.

 

Nun, ein paar Stunden später, hatte die Mission:“ Schoki Klau“ begonnen.

„Ela, daaa“, flüsterte die Katze und deutete mit den Augen auf die andere Seite der Küche, wo ein Nudomuself, einen Spritzbeutel vor sich her schweben ließ, welcher Schokoladen Pudding in kleine Glasschälchen abfüllte.

„Jaaa, ich sehs, Daffi“, flüsterte Elantia zurück und folgte mit ihrem Blick der fetten Mathilde, die Routiniert zwischen drei Kesseln hin und her lief und den Inhalt abschmeckte.

Nachdem beide die Situation abgecheckt hatten, setzte sich Elantia mit dem Rücken zum Tisch auf den Boden und ließ Daphne auf ihre Knie springen.

„Also“, begann Daphne. „Ich lenke se ab und du holst die Schoki. Alles klar?“

„Jaaaa“, flüsterte Elantia während Daphne kurz nickte und unter dem Tisch verschwand. Als Mathilde im Kessel mit dem Haferbrei rührte, sah Daphne ihre Chance und sprang los.

Elantia lunzte noch einmal vorsichtig über den Tisch und zeigte mit dem rechten Zeigefinger auf den mittleren Kessel und ließ das Feuer darunter bedrohlich aufflammen.

„Farus“, donnerte die Stimme der fetten Mathilde durch die Küche.

Sofort ließ der Nubelf alles stehen und liegen und flog zum Kessel als Daphne, in der Gestalt eines kleinen Beagles, auf die Fleischplatte sprang und sich einen Hühnerbollen schnappte.

„Was sucht der Köter in der Küche“, kreischte Mathilde.

Und während alle möglichen Nubelfen, unter dem Kommando der Küchenchefin, ihre Zauber los feuerten und Daphne zu einem Hindernis lauf zwangen, zog Elantia ihre Robe hoch und rutschte auf zwei Stücken Seife die sie an ihren Knien befestigt hatte, an den Tischenden vorbei bis hin zum letzten Tisch, wo die Schälchen mit dem Schokoladenpudding standen.

Daphne hatte es geschafft allen möglichen Gefrier und Schock Flüchen auszuweichen, die man auf sie gehetzt hatte und war aus der Küche geflohen. Schnell konzentrierte Elantia etwas Magie in ihren Händen und ließ zwei Schälchen mit süßem Pudding herunter schweben. In diesem Augenblick sprang Daphne wieder mit dem Hühnerbein in die Küche und verschwand unter dem Gemüsetisch.

Elantia sah ihre Chance und rutschte mit geducktem Kopf durch die letzte Tischzeile und landete genau vor der fetten Mathilde.

Mit bösem Blick und einem langen dicken Kochlöffel in ihre Hand schlagend blickte sie auf die junge Magierin herab. Elantia biss sich auf die Lippe und schob sich langsam auf die Füße, ließ aber den Blick gesenkt. Die beiden Schälchen mit dem Pudding schwebten ruhig hinter ihrem Rücken, so das sie ihre offenen Handflächen zeigen konnte das sie nichts zu verbergen hatte.

„Du schon wieder“, giftete die Magd Elantia an und wollte sie grade packen als Daphne ihr auf den Kopfsprang und so ihrer Freundin die Flucht ermöglichte.

 

Kassin verweilte nun den dritten Tag in Atarnar. Man hatte ihm untersagt die Schule zu verlassen, da die Askula die Wege zur Außenwelt hin abgeschnitten hatten.

Es gab zwar eine Beratung, aber von Hektik oder Todesangst war nirgends was zu spüren.

Durch ein paar Magieträger hatte er die Gerüchte erfahren die unter den Magiern grassierten.

Woher die Askula kamen und was ihre Aufgabe war.

Die Nachricht vom Angriff auf Parvare hatte viele schockiert, und so übte jeder Magus mit seinen Schülern verschiedene Möglichkeiten ein die Stadt zu verteidigen.

Er kannte sich mit Magie nicht sonderlich gut aus. Die verschiedenen Kunststücke beeindruckten ihn dennoch.

Ob es nun ein kleine Felsbrocken waren die vom Himmel vielen, ein Gewitter samt Windrose oder ein gigantisches Schild das die Stadt vor Eindringlingen schützen sollte, man konnte nicht behaupten das sich die Magier Gilde keine Mühe gab.

Und trotzdem lag ein misstrauisches bangen in der Luft und das Hoffen das das befreundete Volk der Zwerge mit einer gewaltigen Streitmacht auftauchen würde und die Bedrohung durch die Echsen beseitigen würde.

„Die Säuberung des Kontinents“ hatte begonnen. Nicht alt genug um als Legende zu gelten, war die Geschichte der Magier von Mun´Itan jedem bekannt.

Vielleicht hätte ihm ein Schauer über den Rücken laufen sollen oder ihm sollte ein Klos im Hals stecken aber was hatte er schon zu verlieren. Er war weder gebunden, noch hatte er Familie und mehr als einmal hatte er seinen Kopf hingehalten um eine wichtige Botschaft durchs Feindesland zu schleusen. Zu oft hatte er sich mit dem Tot abgefunden. Wenn es zum Kampf käme würde er seinen Mann stehen.

Es war noch früh am Morgen und da er nicht schlafen konnte schlenderte er Gedankenverloren durch den langen Speisesaal und betrachtete die langen prachtvollen Wandverzierungen die sich ja nach Laune in Farbe und Form veränderten.

Erst ein lautes Scheppern am Ende des Saals wo der Küchenkomplex begann, ließ ihn aufhorchen.

Wonach ein kleiner Hund den Gang entlang rannte und hastig versuchte die Kurve ,in den Saal, zu nehmen, was ihm dank seiner Vier Pfoten dann auch gelang. Einem Mädchen, in einer Knielangen blauen Robe, die dem Tier gefolgt war, hatte auf dem glatten gefliesten Boden weniger Glück.

Durch den Schwung, den sie durch einen hastigen Schritt aufgebracht hatte, schlenderte sie ungeschickt am Torbogen vorbei und krachte scheppernd in etwas, was sich stark nach Blumenkübeln anhörte.

Hechelnd flitze der Hund an Kassin vorbei und, verfolgt von Flüchen der korpulenten Köchin, dann auch die junge, mit Blumenerde beschmierte, Elantia.

Er war den seltsam fröhlichen Mädchen bereits ein paar mal begegnet. Einzelne Grasbüschel und Klumpen Erde zeigten den Weg, den sie aus dem Saal suchte. Und als ob die ganze Szenerie nicht schon Merkwürdig genug war, folgten den Beiden auch noch zwei Schälchen mit Schokoladenpudding. Ohne den Inhalt zu verschütten tänzelten diese durch die Luft und sausten an ihm vorbei.

In dem Augenblick als die flüchtenden den Saal zur anderen Seite verlassen hatten, kam dazu noch ein gewaltiger Kochlöffel durch den Torbogen geflogen der nun, da niemand anderes mehr im Saal war, Kassin als Ziel auswählte und ihm so hart gegen Kopf knallte das er augenblicklich KO ging.

 

 

Daphne war Elantias beste Freundin und für jeden Unfug zu haben. Ihre Fähigkeiten als Gestaltwandler, und die dazu passende Schule, brachten stets, aus Elantias Sicht, ungeahnte Vorteile mit sich. Daphne war eine waschechte Kyaka, was ihre Katzenhaften Ohren bestätigten.

Das dieses Volk wegen ihrer weniger Rumreichen Vergangenheit nicht sehr beliebt war, war Elantia egal.

Nachdem das Küchenpersonal die Verfolgung, trotz einer gut sichtbaren Spur aus Erde, aufgegeben hatte, war Daphne in Form eines großen Bussards, mit ihrer Freundin auf die Kante eines der vielen Dächer geflogen, wo sie sich den Schokoladenpudding schmecken ließen.

Grinsend tauchten beide Mädchen ihre Finger in die Schälchen und lutschten genüsslich die Schokolade. Daphnes wildes braunes Haar, konnte was Ungezähmt betraf, leicht mit Elantias Struwel Frisur konkurrieren. Ihre verständnisvollen Dunkelbraunen Augen wanderten von der süßen Köstlichkeit zu Elantias freudigem Gesicht hin und her und erfüllten sie mit einer angenehmen Ruhe, so das ihre Ohren beruhigend zuckten. Erst der Blick auf die Landschaft außerhalb Atarnars ließ ihr Gemüt wieder schwer werden. Der halb abgeholzte Wald, die zerstörte Stadt Parvare und die verwüsteten Felder gaben ein so ungewohntes Bild von Leid wieder, das Daphne betrübt seufzte.

„Du, Ela?“, fragte sie bekümmert und schaute in die großen fragenden Augen ihrer Freundin.

„Glaubstu wir überleben die Säuberung?“

„Klar“, antwortete Elantia unbekümmert und putzte sich mit dem Ärmel den Schokoladen verschmierten Mund ab, während ihr Stein um den Hals leicht glühte.

„Du hast leicht reden, Ela. Du kannst dir ja, wegen dem blöden Stein, keine Sorgen machen. Ich habe aber Angst.“

„Och Daffi“, gluckste Elantia sorglos und legte eine Hand in ihren Nacken.

„Magus Shaldus hat doch gesagt das er mit vielen Zwergen wieder kommt und alles gut wird.

Außerdem find ich sicher bald nen Weg zum Schwatzer. Die Zettel von Magus Eishaupt waren ja auch leicht zu kriegen.“

„Aber was ist wenn Magus Eishaupt dich dabei erwischt?“

„Wird er nicht“, antwortete Elantia verschmitzt.

„Ach, Ela“, seufzte Daphne und setzte sich in Form der grauen Katze auf Elantias schoß, wo sie sich den Kopf kraulen ließ.

„Ich will es heute wagen“, schnurrte Daphne zufrieden und schaute ausnahmsweise mit Elantias naiven Augen auf die gewaltige Armee von Echsenmenschen, die damit begonnen hatte den Kreis um Atarnar zu schließen.

 

Beide Mädchen waren sich durch aus bewusst was es bedeutet den verbotenen Flügel der Bibliothek zu betreten. Der erlaubte Teil und der Verbotene waren durch einen steinernen Durchgang verbunden.

Ein einfacher hundert Fuss langer Tunnel, gespickt mit unsichtbaren magischen Fallen, der mit einer Wand endete die die Konsistenz von Wasser hatte.

Ein kleines Geschenk der Magier die nach Mun´Itan gingen.

Elantia hatte bereits eine Katze und einen Frosch versucht dadurch zu schleusen.

Der Frosch wurde gleich nach zwölf Fuss durch eine Feuerfontäne die aus dem Boden sprühte geröstet.

Die Katze, die der Feuerfalle grade noch entrann, schaffte es sogar dreiunddreißig Fuss, sprang dann aber in einen Bolzen der aus der Wand geschossen kam.

Hätte sie die qualvolle Form von Leid empfinden können, hätte sie wohl um die beiden Tiere getrauert. Wenigstens taten ihr die Tiere Leid und so beschloss sie eine andere Möglichkeit zu finden.

Das wichtigste war das Niemand davon Wind bekam.

Der Verbotene Teil war aus gutem Grund verboten. Selbst wenn man eine Möglichkeit fand den Tunnel zu durchqueren, würde am anderen Ende ganz andere Dinge warten.

Bücher die einem den Verstand vernebelten und vielleicht sogar töten.

In ihren Gedanken malte sich Elantia gerne die fantastischsten Gemeinheiten aus.

Das Gemeinschaftliche frühstücken, blieb so ereignislos wie das Mittagsmahl.

Schweigend fand sich jeder Magus samt seiner Magieträger ein. Sie aßen und gingen wieder ihre Zauber üben. Die Stimmung untereinander war weder angespannt, noch bedrückend.

Während des Essens schienen die meisten Magieträger, sich grade eben erlernte Zauber sich durch den Kopf gehen zu lassen oder waren sonst wo mit ihren Gedanken.

Da Daphnes Lehrer, Magus Lyam, ein Hochelf mit langen goldenen Haaren, damit beschäftigt war seinen Schülern die Wind Beherrschung beizubringen, konnte sie mit dem Vormittag auch den Nachmittag mit Elantia verbringen. Daphne hatte kein Talent für Magie und Magus Lyam keine Zeit sich um die eine Gestaltwandlerin, in seiner Klasse zu, kümmern.

Und da kein Magus die Nerven für Elantia hatte, hockten beide in der Bibliothek und steckten ihre Köpfe in dicke Wälzer, die als Tarnung für die Skripte von Magus Eishaupt dienten.

 

„Unverschämte Wohltat? Gefallendes Licht? Ela, ich kapier das nicht“, raunte Daphne flüsternd, lehnte sich genervt zurück und lunzte zu Magus Fendel, dem Zwergenpriester der verschiedene Bücher aus einem Regal zog. „Gefallendes Licht. Tss. Soll man eine Kerze fallen lassen oder was?“

Magus Fendel beachtete die beiden Mädchen nicht weiter und stiefelte mit einem wankenden Stapel Bücher hinaus. Als die Mädchen endlich die einzigen im Saal waren, schauten sich beide in die Augen und grinsten. Schnell huschten sie an andere Ende der Bücherei zu einem Harmlos wirkenden Durchgang, der diesen Bereich mit einem anderen Verband. Ein einfach Steinpfad, der in die Mauern eingelassen war. Acht Fuss hoch, acht Fuss Meter breit und gut hundert Fuss lang, bestehend aus einfachem Stein und doch so gefährlich.

Bei dem Anblick des Tunnel wurde Daphne etwas mulmig und presste die Lippen zusammen.

Seit Elantia herausgefunden hatte wie die ersten beiden Fallen funktionierten, hatten beide ständig ein mögliches Umgehen geprobt.

„Und was wenn ich durch bin, Ela?“

„Hmm“, überlegte Elantia. „Dann ist da vielleicht was womit man die Fallen ausstellen kann.“

„Dann ist heute der Tag der Wahrheit“, sagte Daphne und versuchte keine Nerven zu zeigen.

Ihr war klar das wenn was schief ging das sie dabei sterben könnte. Dazu war das was sie versuchten eh strengstens verboten. Eines der Grundprinzipien von Atarnar war der Gehorsam und so kam kein Magus auf die Idee, dass sich jemand über die Anordnungen hinwegsetzen würde.

Elantia und Daphne waren in der Magierstadt mehr oder weniger als nervige Unruhestifter verschrien. Die anderen Magieträger mieden sie lieber, zu groß war die Gefahr in etwas mit hineingezogen zu werden.

Nun standen sie vor dem Tunnel der den erlaubten Bereich der Bibliothek mit dem verbotenen Bereich verband und waren in Begriff sich über eine Anordnung hinweg zu setzen, die das eigene Leben schützen sollte.

Die andere Seite war gefährlich, aber auch voller Wissen. Wissen das die anstehende Gefahr abwenden könnte. Doch nicht einmal Magus Eishaupt, der Oberste Magus von Atarnar vermochte diesen Durchgang zu passieren. Zu Mächtig waren die die Fallen die dem Tunnel inne wohnten.

 

„Also“, begann Elantia. „Der Tunnel ist hundert Fuss lang. Die ersten zehn Fuss sind harmlos. Bei den nächsten zehn Fuss kommen Feuerfontänen von allen Seiten. Die zehn Fuss danach sind wieder sicher. Bei den kommenden zehn Fuss kommen So spitze Stücke aus den Wänden. Die zehn Fuss Danach sollten wieder sicher sein.“

„Sollte?“, fragte Daphne unsicher

„Weiter waren wir bisher ja noch nicht gekommen“, gab Elantia zu und musterte Daphnes unsichere Augen. „Aber so wie es scheint so das immer abwechselnd zehn Fuss sicher und dann zehn Fuss gefährlich sind. Sie Fallen werden nur ausgelöst wenn du zwischen den sicheren Stellen dann Boden berührst. Aber eine Katze hatte es auch geschafft. Wenn du es auch als Katze versuchst, solltest du sicher durch kommen. Wir hatten es ja auch schon oft genug geprobt!“

Daphne hatte sich vom Kopf her bereits entschieden. Sie würde es versuchen. Zu groß war die Angst vor den Echsenmenschen. Sie wusste das wenn sie es in den anderen Bereich schaffen würde, dass sie alle retten würde. Sie hatte es sich schon öfters durch den Kopf gehen lassen. Doch erst als ihr der Gedanke kam das ihre beste Freundin sterben könnte, wusste sie was sie wollte.

 

„Wie soll ich vorgehen, Ela?“, fragte Daphne gespielt mutig und atmete tief durch.

 „Alsooo“, begann Elantia und deute auf den Gang. „Wie wir es geübt haben. Du kannst dich ja in eine Katze, einen Spatz, einen Bussard und einen Hund verwandeln.“

„Und einen Bären“, korrigierte Daphne.

„Ja aber ich glaube der bringt nichts. Du nimmst viel Anlauf und springst als Katze los. Ich markiere die Stellen wo du wieder sicher bist. Dann verwandelst du dich am besten in den Spatz und und weichst fliegend den Stöcken aus. Das hatten wir ja auch geprobt. Danach weiß ich nicht was kommt. Also wäre es schlau wenn du Steine in der Gang wirfst. Dann überlegen wir wie wir weiter vorgehen!“

„Ela! Deine Ruhe will ich haben“, seufzte die junge Kyaka und drehte sich von ihrem Ziel weg.

Elantia war sich klar das sich ihre Freundin sorgen machte. Aber wenn sie bedenken hatte, warum hatte sie dann gesagt das sie es versuchen wollte?

„Möchtest du lieber doch nich“, fragte Elantia verdutzt.

Daphne betrachtete ihre Freundin mit großen Augen, bevor sie sie umarmte.

„Was ist wenn mir was passiert, Ela. Machst du dir keine Sorgen um mich?“

Die Antwort kam schnell

„Nee, Daffi! Du bist doch meine Freundin. Dir ist doch noch nie was passiert. Aber wenn du nicht willst dann suchen wir einen anderen Weg!“

Daphne schaute Elantia in die Augen und suchte nach einer Gefühlsregung die ihr galt. Aber da war nichts. Nur ein freundliches Lächeln. Das gleiche Lächeln das sie immer auf setzte und der aufleuchtende Stein, der ihre Gefühle schluckte Wäre dieser Stein um ihren Hals nicht, würde sie sicher weinen oder es sich anders überlegen. Dieser dumme Stein der all ihre schlechten Gefühle aufsog und sie stets Glücklich machte. Aber sie musste ihn tragen. Sie wollte ihre Freundin nie wieder so sehen wie an dem Tag an dem sie Elantia kennenlernte.

Doch es genügte ihr zu sehen das der Stein aufleuchtete.

Dann verwandelte sie sich in eine Katze und Elantia Umarmte für einen Moment nur Luft.

Dann gingen sie in den Tunnel. Elantia zauberte ein kleines Licht in die Luft die ihnen anzeigte wie weit sie gingen. Als das Licht die Farbe von Gelb zu Rot wechselte blieben beide stehen. Dann teilte sich das Licht und flog weiter durch den Tunnel. Nach gut zehn Fuss wurde es wieder Gelb.

Die Lichter markierten nun den gefährlichen Bereich.

„Auf Drei, Ela! Eins… Zwei… … Drei“, rief Daphne, ging in Gedanken nochmal ihre Möglichkeiten durch und spurtete los.

Mit einem weiten Satz war sie im Tunnel, als bemerkte das es von Rechts und von Oben schon etwas heißer wurde. Blitzschnell sprang sie an die linke Wand, als die Feuerfontänen auf sie zu schossen.

Die Wand aus Feuer und Hitze versperrte den Blick auf alles was dahinter lag. Die Fäuste geballt schielte sie nach einem Lebenszeichen ihrer Freundin.

„Daffi“, rief Elantia mehr neugierig als besorgt.

Erst als die Fontänen sich wieder in die Wände zurück zogen sah sie ihre Freundin in ihrer Kyakagestalt am Boden kniend. Ihr Haut und Gewand schimmerten in einem goldig grauen Ton.

Sie hatte einen Schildzauber gewirkt der sie vor großer Hitze schützte.

„Geht’s dir gut, Daffi?“

Daphnes Augen war von ihren Haaren etwas verdeckt, die Schmerzen die sich auf ihrem Gesicht spiegelten sprachen jedoch für sich. Tränen rannen an ihrem Kinn herunter und tropften zu Boden. Sofort flogen beide Lichter weiter und markierten den nächsten gefährlichen Bereich.

 

„Elantia. Mein Kind. Was machst du hier?“, erklang plötzlich von Elantias Seite. Erschrocken schaute sie auf und sah den Obersten Magus Eishaupt neben sich stehen. Verwirrt schwankte ihr Blick zwischen dem Obersten, der grade so stand dass er nicht in den Tunnel schauen konnte, und ihrer Freundin hin und her.

„Du weiß doch das du hier nicht darfst.“

„Ja, ich, äh“, stotterte Elantia und versuchte sich etwas einfallen zu lassen den obersten Ab zu lenken. Wie konnte er sich nur neben sie Porten ohne das sie es mit bekam.

„Was riecht den hier so verbrannt“, wunderte sich Eishaupt und lunzte dann mit Elantia in den Tunnel und erschrak.

Mit einemmale war alle Freundlichkeit aus dem Gesicht des Magus gewichen. Er drückte Elantia grob zur Seite und brüllte in den Tunnel.

„Daphne, raus da. Sofort.“

Doch Daphne war bereits aufgestanden und warf sich nach vorne. Innerhalb eines Wimpernschlages schossen viele kleine Bolzen aus den Wänden auf sie zu. Daphne verwandelte sich grade noch rechtzeitig in einen kleinen Spatz. Panisch zwitschernd wich sie den Bolzen aus bei sie getroffen wurde. Ohne darüber nachzudenken, wechselte sie ungewollt und schreiend wieder in die Kyakagestalt zurück und bot so nun ein großes unbewegliches Ziel für weitere magische Bolzen, die unaufhörlich aus den Wänden drangen und ihren Körper durchschlugen. Das kleine magische Schild, brach unter dem Dauerfeuer der Bolzen schnell zusammen

„Daffi?“, rief Elantia und wurde prompt von Magus Lyam zur Seite gedrückt der, wie alle anderen Magier, von Eishaupt mental gerufen wurden.

„Daphne“, schrie Lyam beinahe hysterisch. Elantia hatte den sonst so gesitteten Elfen noch so wütend erlebt.

„Bei meinen Ahnen“, keuchte Fendel und spielte anscheinend mit dem Gedanken zu Daphne zu springen.

Immer mehr Magier drängten an den Tunnel um zu sehen was dort vor sich ging und obwohl die ersten Fuss ja sicher waren, blieben alle am Eingang stehen.

Elantia konnte nur noch durch einen kleinen Spalt ihre Freundin sehen.

Sie lag am Boden und presste ihre Hand auf den rechten Arm und weinte. Immer mehr Bolzen schlugen in ihren zarten Körper ein.

„Ela“, schluchzte sie leise, was Elantia durch das wilde Gebrüll der Magier kaum vernehmen konnte.

Daphne drehte ihren Kopf zur Seite und suchte ihre Freundin, doch sie sah nur die vielen Magus die hilflos auf sie ein brüllten.

„Daphne“, brüllte Lyam. „Wir holen dich da irgendwie raus.“

Ohne darüber nachzudenken, wechselte sie ungewollt und schreiend wieder in die Kyakagestalt zurück und bot so nun ein großes unbewegliches Ziel für weitere Bolzen, die unaufhörlich aus den Wänden drangen und ihren Körper durchschlugen.

Wahnsinnig vor Verzweiflung, verwandelte sich Lyam in einen Pfeil und ließ sich von einen Imaginären Bogen durch den Tunnel schießen. Sofort flammten wieder die Feuerfontänen auf so das die anderen Magier bis auf Eishaupt vor Schreck einen Schritt zurück setzten. Lyam landete direkt vor Daphne, wo er schnell in seine Elfen Form wechselte und eine Schutzkuppel über sich und seine Schülerin entstehen ließ. Sofort packte er Daphne, als die Bolzen auch schon den Schild durchschlugen, aber kein Ziel mehr fanden.

Grade noch rechtzeitig, konnte sich Lyam mit Daphne heraus Porten und erschien vor dem Tunnel neben Eishaupt.

„Fendel“, schrie Lyam, doch der Zwerg stand schon neben ihm.

Elantia drängte sich durch die vielen Magier, um ihre Freundin zu sehen.

An den Stellen wo das feuer ihren Körper verbrannt hatte, quoll Blut hervor und erst jetzt erkannte Elantia wie schlimm er ihr ergangen war.

Fendel ließ schnell einen Heilzauber wirken, welcher Daphne in ein helles Licht tauchte.

Dann verschwand er mit ihr.

„Was is mit Daffi“, fragte Elantia verdutzt den obersten Eishaupt, als sie sich durch die Meute der Magier gedrückt hatte die teils verblüfft, teils geschockt mit einender Diskutierten.

Eishaupt jedoch packte Elantia grob am Ärmel und portete sich mit ihr in ihr Zimmer. Und verschwand gleich wieder, ohne ein Wort zu sagen. Als Elantia zur Tür sprang um nach ihrer Freundin zu schauen, musste sie feststellen das diese mit einem Zauber versiegelt war.

Sie war gefangen in ihrem Zimmer. Wieder glühte ihr Stein.

 

 

 

 

 


 
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